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XXXVIII.
BELGIEN
bach, mit dem er sonst das Oelige, Luftlose deriBilder theilt.
jener lässt aus einer dunkeln, den Alten geistreich imitirten Tonscala
nur das Auge aufleuchten und arbeitet aus diesem das Intellectuelle
heraus. Wauters stellt vor hellgrauem Hintergrund Menschen in
ihrer ganzen massiven Körperschwere hin. Dort eine geistige In-
dividualität, eine Momentaufnahme zuckenden, psychischen Lebens,
hier ein robuster Doppelgänger der Natur, Farbe und Leinwand,
vliimische Schwere, Phlegma.
Als der feinste der belgischen Landschafter, die auf den Aus-
stellungen der letzten Iahre aufiielen, kann wohl Vezcsrraele gelten.
Man sah von ihm Sonnnerbilder von hellgrün leuchtender, lockerer
Grasflache, mit blauweiss gekleideten Miitlchengestztlten und lustig
blühenden, von Sonnenstrahlen umspielten Obstbäumen. Auch Nacht-
stücke malte er: bäuerliche Paare, die im Dorfe Abends am Zaun
standen. Der Himmel iiimmerte von Sternen, der Zauber nacht-
lichen Schweigens ruhte auf den schlicht poetisch empfundenen
Idyllen. Es sprach aus seinen Arbeiten ein fröhliches, spontanes,
jugendfrisch sympathisches Schaffen. Chmr malte Kartoffelernten mit
drallen Bauerndirnen in einem zarten, feinen Grau, das an Emile
Barau erinnerte. Frans (lbzzrlrvzs ist besonders um die Herbstzeit im
Wald zu Hause, wenn die Blätter gelb, roth und grau von den
Kronen wirbeln und feiner Regen durch's löcherige Laubdach rieselt.
Oder er sitzt vor der düstern majestätischen Natur des Meeres,
zur Abendstunde, wenn der Mond heraufkonnnt und mit glitzern-
denSilberstrahlen die Wellen umspielt. In den Herbstbildern wie
in den Seelandschaften, besticht das Pelemelc gelber und grüner
Farben und wird als ein wenig decorativ erst dann empfunden,
wenn man sich vorstellt, wie viel tiefer etwa Jacob Maris die
gleichen Scenen durchdringen würde. Courtens liebt, wie die vliim-
ischen Landschafter des 17. Jahrhunderts, grosse Leinwandflächen
und grosse Goldrahmen, aber theilt mit ihnen auch die Eigen-
schaft des etwas äusserlicheir Bravourmalers. Seine Bilder sind mehr
Ergebniss technischen Raffinements, als intimer Empfindung. Er
gibt das Substantielle der Formen, auch die Lichtphänoinene mit
erstaunlicher Sicherheit, hat eine grosse, faustkräftige Mache, viel
Localwzrhrheit, glänzende Farben und grosse Aufrichtigkeit, aber
bleibt stets bei einer gewissen prosaischen Auffassung, der die tiefere,
intime Sympathie fehlt. Seine Malerei ist eine solide, nicht sug-
gestive Prosa, das gerade Gegentheil der lyrisch empfindungsvollen