XXXVIII.
BELGIEN
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oder gab Thierporträts einen willkürlichen landschaftlichen Hinter-
grund. T hiere und Landschaften verbanden sich nie zu einem vollen
Stück natürlichen Lebens. Erst als durch die Landschafterschtile von
Tlerxtueren eine neue Art des Natursttiditnns angebahnt, lenkte auch
die Thiermalerei in neue Bahnen. Alfred Verwße, der sich zuerst mit
wgrasentien Ochsem 1863 signalisirte, verhält sich zu den Natch-
folgern Ommegitnclts wie zu denen Brascassats Troyon. Er ist
der Spccialist der fetten vliimischen Weiden, auf denen gesunde,
lträftige Thiere grasen und über denen ein feuchter, nebliger Himmel
sich wölbt. Alle seine Bilder sind von einem schweren Impasto,
Lüfte und NVolken gewöhnlich von einem stumpfen, trüben Grau.
fehlt ihnen das Leichte und Durchsichtige, aber sie sind doch
von einer urwilchsigeit Kraft. Seine Ochsen sind ganz zu Hause
auf diesen tippigen XViesen, in deren hohes, fettes Gras sie tief ein-
sinken, und geben sich in ihrer dumpfen, brütenden Schwerfiilligkeit
einfach als Thiere, sei es, dass sie fressend und wiederkiiuentl auf
der YVeide liegen oder unter dem Joch plump die Scholle treten.
Unter seinen Schülern wurden Parmentier, Lambrechs, De Greef,
Fr. van Leemputten und Leon Massaulx bekannt. Marie Collaert,
seit 1866 die Muse der belgischen Landschaft, die Rosa Bonheur der
Vlaainen, nimmt mit ihren intimen Bildern aus dem Landleben eine
Stelle für sich ein, Arbeiten, in denen ein miiirnliclier, kräftiger
Vortrag sich mit zart weiblicher, discreter Empfindung paart. Bei
Verwee arbeitende Ochsengespanne, ein fruchtbarer Erdgeruch, der
feucht aus umbrochenem Ackerboden aufsteigt, graue Wollten da-
rüber, die sich schwer am Firmament wälzen. Bei Marie Collaert
stille Winkel unter klarem Himmel, grüne Rasenpliitze, auf denen
in idyllischer Ruhe Kühe weiden. Dort der Kampf mit dem Boden,
hier die Frische und Heiterkeit des Landlebens.
Die Marinemalerei begann mit Paul Iemz. Clays wenigstens
iiusserlich in das Stadium der intimen Landschaft zu treten. Er
brach mit der Tradition der grossen Seestürme, deren Blüthezeit mit
der Ekstase des Historienbildes zusammenüel, und malte ruhige
NVasserflachen, die regelmässige Bewegung der Fluth, den normalen
Zustanddes Meeres. Während die frühere Generation das Pathet-
ische, Stürmische geliebt hatte, suchte Clays wenn auch in
späteren Jahren sehr kunstgewerblich und routinenhaft die ein-
fache, mysteriöse Poesie des stillen Meeres zu fassen und die Töne
der Wogen in ihrer YVahrheit wiederzugeben, so wie die Landschafter,