168
XXXVIII.
BELGIEN
früh morgens zu seinem Tagewerk aufbricht, den Schafhirten, der
in blauem Mantel still neben seinen grasenden Heerden steht. NVie
Millet, hat er ein feines Gefühl für rhythmisch ruhige Bexxregtmg.
Der IDflüger, der Siimann, der Hirt haben auch bei ihm in ihren
grossen Gesten etwas priesterlich Ernstes. Natmentlich das Schweigen
der Haide zu tiefer Nachtstunde mit der grossen Figur des auf seinen
Stab gestützten Hirten und den im Dunkel xierschxxtimmenden weissen
Thieren hat er ganz in Millets Geiste geschildert. Nur das Weiche,
Luftige der Millefschen Pastelle erreichte er nicht. Sein pastoser,
solider X7ortrag nahm den Dingen die Leichtigkeit. Sein YVasser
sieht aus wie geronnen, die Blätter hängen unbeweglich an den
Zweigen. Man hat vor seinen Bildern den Eindruck einer Gegend,
in der kein Wind wehen und keine Vögel wohnen könnten. Auch
seiner ehrlichen ernsten Kunst gelang es nicht, das Zucken des
Lebens, den Pulsschlag der Natur zu haschen.
Gleichzeitig mit Boulenger liessen Coosemans und Asselbergs
sich im WValde von 'I'ervueren nieder und blickten von da häufig
nach Fontainebleau hinüber. jules Goethals, der etwas spiiter, 1866,
mit Regenstinunungen auftrat, neigt mehr der kleinlichen Malerei Dela-
berges zu: er betrachtete die Landschaft mit den Augen des Primitiven,
suchte Biiume, Wiesen, Grashalme in allen ihren Details zu geben.
Hand in Hand mit der Landschaft entfaltete sich, wie in Fon-
tainebleau, die 'I'hiern1alerei zu hoher Blüthe, die bis 1860 eben-
falls auf sehr bescheidenem Niveau gestanden. Der verehrungs-
wiürtiige, unerschöpfliche Verboeclcllo-ven erfreute sich damals besonderen
Ruhms, obwohl seine Thiere nur entfernte Aehnlichkeit mit wirklichen
hatten. Sie waren immer elegisch gestimmt, schienen wie gefallene
Engel sich melancholisch eines besseren menschlicheren Zu-
standes zu erinnern, aus dem sie noch als Thiere sich ihr decentes
Betragen und ihre Reinlichkeit bewahrt hatten. Seine kleinen Lämmer"
waren immer nett wie das Lamm Gottes, und seine Ochsen brüteten
unter ihrer breiten Stirn tiefe philosophische Gedanken. Auch die
dünnen Bäumchen und XVCiSSCII Wölkchen liebte er wie sein Vor-
giinger Ommegzlnck, und war gleich diesem lange Zeit der Liebling
aller Sammler, die mathematische Gewissenhaftigkeit der Zeichnung
und glatte Sauberkeit der Ausführung schätzen. Seine Schüler Louis
Robbe und Charles T schaggeny widmeten sich gleichfalls mit Vorliebe
dem SClMfC und nehmen in der belgischen Malerei die Stelle ein, die
in Fraukreicli Brascassat hatte. Man staffirte Landschaften mit Thieren