Volltext: Geschichte der Malerei im XIX. Jahrhundert (Bd. 3)

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XXXVIII. 
BELGIEN 
ihn, den jäh vom Tode Gefiillten, zurück. Die xdiiinische Schwere, 
die verständige Atelierpraxis machte einer zärtlichen, für den ein- 
zelnen Fall berechneten Beobachtung Platz, die sich bemühte, die 
Eindrücke der Jahreszeiten und der Stunden mit delicater (Jenauig- 
kejt zu notircn. 
 Auf Boulengers Anregung hatte sich 1868 ein Zirkel von 
Künstlern gebildet, die Societe libre des Beaux-Arts, die allmählich 
alle talentvollen jungen Belgier umfasste. Die bedeutendsten Fran- 
zosen und Holländer  Corot, Millet, Daumier, Cour-bet, Daubigny, 
Alfred Stevens, Bonvin, NVilhelm Maris u. A.  nahmen die Ehren- 
mitgliedschttft an. 1870 veranstaltete man die erste Atisstelltmg, 1871 
wurde die Künstzeitschrift wAft librea gegrüiulet, in der die jungen 
Maler selbst mit der Feder ihre Ideen vertraten: sie wollten die Natur 
malen, wie sie sie sahen, unter möglichstem Verzicht auf alles Arran- 
gement und aufgedrungene System. Sie wollten die Beziehungen 
der Touwerthe beobachten, mehr auf Richtigkeit als auf Glanz der 
Farbe sehen. Die Meister von Fontainebleau und Manet hatten den 
kVeg gewiesen, auf dem auch die belgische Malerei folgen müsse. 
Und es dauerte nicht lange, so öffneten sich ihrenNVerken die Pforten 
der Privatsannnlungen und Museen ebenso, "wie sie kurz vorher den 
Pariser Indepentants sich geöffnet hatten. 
Theodore Baron war unter ihnen derjenige, der am meisten das 
Zeug hatte, den jung verstorbenen Boulenger zu ersetzen. Er hat 
eine ernste düstere Note in die belgische Landschaftsmalerei ge- 
bracht. Seire Waldungen träumen unter schwerem regnerischem 
Himmel, Welke herbstliche Blätter wehen umher, Frost und Reif 
deckt den Boden. Die Gegenden sind gewöhnlich sehr einfach: ein 
Stück Haide, ein Stück Feld, ein gerader Weg, ein Felsblock unter 
trübem Himmel  es braucht nicht mehr, um den Eindruck grosser 
Einsamkeit, eine ernste strenge Stimmung hervorzurufen. Für Baron 
gab es keine milde säuselnde Luft, keinen frischknospenden Frühling 
und brütenden Sommer. Der kalte Wdnter, die Melancholie düsterer 
Novembertage, die Erde im Wittwenschleier zog ihn am meisten 
an. Er entdeckte solche Stimmungen in den Ardennen. Die Haide 
von Coudroy, die steil abfallenden Ufer der Meuse, kleine Gebirgs- 
dörfer auf trockenem Moorboden malte er ebenfalls gern. Aber seine 
Hauptliebe blieb doch der wallonische Boden: nicht dessen weite 
Ebenen und grossen Horizonte, sondern seine vergrabenen T hiiler 
und die knorrigen Linien vereinzelter Bäume, die gespenstig aus ein-
	        
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