Volltext: Geschichte der Malerei im XIX. Jahrhundert (Bd. 3)

häuslichen Lebens, die Cafes, Magazine und Markthallen, die Rennen 
und die Börse, die Clubs und die Bäder, die Restaurants mit theuern 
Preisen und die dumpfen Volksküchen, die Cabinets particuliers und 
der Chic der Premieren, die Rückkehr aus dem Bois und die Pro- 
menaden am Meeresstrand, die Batnkhätiser und Spielhöllen, Casinos, 
Boudoirs, Ateliers und Sleepingcars, Ueberzieher, Monocles und rothe 
Fräcke, Balle, Soireen, Sport, Montecarlo und Trouville, die Hörsäle 
der Universitäten und das zauberische Strassengexxtimmel der Abende 
 die ganze Menschheit, welcher Gesellsehaftsklasse sie angehören 
und Welche Thätigkeit sie treiben mag, zu Haus, in den Hospitälern, 
in den Kneipen, im Theater, auf den Sqtiares, in den ärmlichen 
Gassen und weiten elektrisch beleuchteten Boulevards. So warf 
die neue Kunst die Blouse ab und liess sich bald in der ver- 
schiedensten Tracht, zuletzt sogar im Smoking und Frack sehen. 
Das Rauhe, Rücksichtslose, das sie in der ersten Zeit gehabt und 
das in den zahlreichen Bauern, Arbeiter- und Hospitalbildern seinen 
Ausdruck fand, wurde bis zum Idyllischen gemildert und besänftigt. 
Das in den ersten Jahren beliebte, überlebensgrosse Format konnte 
gleichfalls fallen, da es im Grunde nur aus der Concurrenz mit den 
Werken der Historienrnalerei sich ergab. So lange jene grossen 
Bilder die Wände der Ausstellungen bedeckten, war eine neue Kunst- 
richtung, wenn sie durchdringen wollte, von vornherein zur näm- 
lichen Grösse gezwungen. Das brauchte aber, seitdem die Historien- 
malerei endgültig begraben, keine Norm mehr abzugeben, man konnte 
zu einem kleineren, für intime Bilder geeigneteren Maassstab über- 
gehen. An die Stelle der grellen Töne, in denen der Impressionis- 
mus geschwelgt, trat das Schununerige, Weiche, an die Stelle des 
Energischen, Kraftvollen das Satnfte. Milde, an die Stelle der grossen 
Formate das Kleine, Intime. 
Das etwa ist die Entwicklung. die sich in den Jahren 187; bis 
1885 in allen Ländern Europas gleichmässig vollzog und ohne dass 
dabei von einer vNzichahmting der FTZIYIZOSCHK gesprochen werden 
könnte. Denn wAehnlichkeit, ja Gleichheit des Stils und Geschmacks" 
l1eisst noch nicht Abhängigkeit. Zu jeder Zeit liegen, bei räumlich 
oder national getrennten Schauplätzen, gewisse Darstellungsformen 
und Tendenzen ebenso wie Stoffe in der Luft und werden ohne 
äussere Berührung von mehr als Einem gefunden, ganz wie in der 
Wissenschaft Entdeckungen, in der Mechanik Erfindungen oft von 
Mehreren unabhängig gemacht werden. jedes Zeitalter vermacht
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.