So lang es sich um die Eroberungwdes Sjnnenlichtes handelte,
standen Schilderungen aus dem Arbeiterleben auf dem Lande und
in den Städten im Mittelpunkt der Bestrebungen. weil sich an ihnen
Anschauung und technische Mittel der neuen Kunst besonders er-
folgreich erproben liessen. Zugleich trat die Malerei durch diese
Bilder noch enger als bisher in Fühlung mit dem Pulsschlag der
Zeit. In einer Epoche, wo der arbeitende Mensch als solcher, die
politisch-sociale Culturbewegttng in den Mittelpunkt des Interesses
getreten war, musste auch in der Kunst das Arbeiterbild einen
wichtigen Raum beanspruchen, und darin, dass die moderne Malerei
nicht mehr gleichgültig von diesen Dingen fernblieb, liegt zugleich
eine der besten Seiten ihres sittlichen Werthes. Als das Jahrhundert
begann, waren nur Hector und Agamemnon ltunstüihig, im Laufe
der Entwicklung erwarben auch die Enterbten, die Mühseligen und
Beladenen das Bürgerrecht. Vasari in der Stelle, wo er von den Ma-
donnen des Cimabue spricht und sie mit den altern byzantinischen
vergleicht, meint fein, der florentinische Meister habe mehr wHCfZCHS-
gütea in die Kunst gebracht. Vielleicht werden die Historiker der
Zukunft von der Malerei der Gegenwart das Gleiche sagen.
Die Vorliebe für die Enterbten war Anfangs sogar derart, die
schlichte, rechtschaffene Proletariermalerei so ausschliesslich vor-
herrschend, dass man den Naturalismus, weil seine ersten, grossen
Erfolge die Elenden und Verstossenen aufgesucht hatten, überhaupt
ausserhallw der Armuth sich nicht vorstellen konnte und ernst-
hafte Kritiker in der Entdeckung des vierten Standes seine wichtigste
That sahen. Selbstverständlich wäre die Arnieleutmalerei als einziges
T hiitigkeitsfeld der neuen Kunst eine sehr einseitige Eroberung ge-
wesen. Nicht der arbeitende Mensch allein durfte geschildert werden,
das Zeitalter musste versuchen, den Inhalt seiner complicirten Lebens-
bedingungen gross und voll zusammenzufassen. Es begann über-
haupt die lange entbehrte Schilderung des heutigen Menschen und
der vom Strome des Lebens bewegten Gesellschaft. Wie Zola gleich
im Beginne der Bewegung schrieb: sDer Naturalismus hängt nicht
ab von der Wahl des Vorwurfs. Die ganze Gesellschaft ist seine Do-
mäne, vom Salon bis zur Kneipe. Nur die Dummköpfe machen ihn
Zur Rhetorik der Gosse. Wir verlangen für uns die ganze Welm
Alles ist zu malen: die Schmieden, die Bahnhöfe, die Maschinen-
hallen, die Arbeitsräume der Handwerker, die glühenden Oefen
der Schmelzvsrerke, die" officiellen Galas, die Salons, die Scenen des