XXXVIII.
Belgien.
IE belgische Malerei unterscheidet sich von der englischen
D wie eine dicke vlämische Matrone von einer ätherischen
Miss. Dort verflüchtigt sich Alles in Poesie und Grazie,
den Dingen ist ihre Erdenschwere genommen, Alles "ist geheimniss-
voll und subtil, von melancholischer Zartheit, selbst die Bauern-
malerei ist eine bukolische Kunst, die nur den Geist des Landlebens
athmet, ohne etwas von seiner rauhen Materialitiit zu haben. Die
Maler durchstreifen die Natur als feinsinnige Poeten, finden überall
Blumen, und man athmet gern den kVohlgeruch der reizenden
Sträusschen, die sie aus ihnen so gut zu binden verstehen. Die
Belgier sind echte vlämische Meister, sehr materiell, nicht im ge-
ringsten raftinirt, nichts der Grazie opfernd. Sie gehen ihren XVeg
wie Thiere am Pflug, ohne zu ermüden und ohne poetische An-
wandlungen, sie interessiren sich ausschliesslich für die Wirklichkeit,
für arme Leute und reiche, behäbige Interieurs, für Scenen aus dem
Bauern- und Strassenleben, für dicke, fette Weiber, das Land und
das Meer, für Alles, was Leben, Farbe, Cllllfllliföl" hat. Eine etwas
materielle Schwere und prosaische Ehrlichkeit, eine fette vliimische
Gesundheit spricht aus Allem. Wie wenn Jacob jordaens von Neuem
in Flandern Limgehe.
Dieser Umschwung der belgischen Malerei tlatirt seit 1850. Wie
das Haupt der belgischen Generation von 1800 David, das der Ge-
neration von 1830 Delaroche gewesen war, so beherrschte von 1850
bis 1870 Courbet die belgische Malerei. Das Geschichtsbild, alles
Mythologische und Religiöse, Allegorische und Phantastische ward
verlassen. Die rosige Fadheit, der conventionelle, blühende Paletten-
ton der Wappers und Gallait machte einer brutalen Wahrheit des
Colorits Platz. Courbet, der ja selbst von Jacob Iordaens stammte,
verhalf den Belgiern dazu, die alte vlämische Race wieder zu ent-
decken. Als seine Steinklopfer 1852 in Brüssel ausgestellt waren,