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XXXVII.
ENGLAND
Neben
dem
Bildniss
steht
nach
Wie
Landschaft
den Engländern in hoher Blüthe. Nicht dass die Künstler von
heute eine grössere Summe von Wahrheit als ihre Vorgänger
brachten, oder dass sie im Studium des Lichtes als Neuerer auf
treten. Auch auf dem Gebiete der Landschaft wird, wie auf dem
der Figurenmalerei weit mehr das Gegenständliche als das atmo-
sphärische Stimmtingselement betont. Vergleicht man die Neuen mit
Crome und Constable, so findet man, dass sie der Kühnheit und
schöpferischen Kraft ermangeln; nähert man sie Monet, so erscheinen
sie ganz schüchtern. Aber eine rührende Pietät vor der Natur gibt
fast allen ihren Bildern einen sonderbaren, keusch duftigen Reiz.
Selbstverständlich spiegeln alle Einflüsse, die sonst auf die eng-
lische Kunst einwirkten, auch in der Landschaftsmalerei sich wider.
Die epochemachende T hätigkeit der Praerafaeliten, der leidenschaftliche
Ernst von Rusltiils Naturliebe, dann der Einfluss der ausländischen
Kunst gingen nicht spurlos an ihr vorüber. Constable hatte in
seiner Art das letzte Wort gesprochen. Die Hauptsache bei ihm
wie bei Cox war das Studium der atmosphärischen Effekte, des
dramatischen Lebens der Luft. Beide kümmerten sich nicht um
Lokalfarben, sondern versuchten die Töne zu geben, die unter
den atmosphärischen und meteorologischen Einflüssen sich bilden;
sie opferten die Vollendung der gegenständlichen Details voll-
ständig der Fixirting des momentanen Eindrucks. Bei Turner
lebte überhaupt nur die Luft. Bäume und Bauwerke, Wasser und
Felsen sind blos Repoussoirs für die Atmosphäre, ausschliesslich be-
stimmt, den Blick hindurchztlleiten durch die mysteriösen Tiefen
des Lichtes und Schattens. Das Unberührbare zehrte das Berühr-
bare auf. Hier war kein weiterer Schritt mehr möglich. Als natür-
liche Reaction ergab sich die praerafaelitische Landschaft, und eine
sonderbare Ironie des Zufalls wollte, dass der Schriftsteller, der
am meisten für den Ruhm Turners gethzin, auch der war, der zuerst
die praerafaelitische Landschaftsschule bewillkommimete. Alles, was
die alte Schule vernachlässigt hatte, wurde jetzt das Wesentliche
Object der Malerei. Die Landschafter verliebten sich in die Erde,
in die Wälder und Felder, und je mehr der Herbst die grosse grüne
Harmonie der Natur in ein tausendfaches buntes Farbenspiel auflöste,
desto lieber wurde sie ihnen. Tausende von Dingen gab es da zu
sehen. Zuerst wie das Laub gelb und roth und braun wurde, dann
wie es abüel: an einem windigen Tage in gelben Wirbeln stiebend;