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Mailänder
Elfenbeinschnitzschule.
schaft. Auf den ersteren sind die Jünger nur als Begleitfiguren
verwendet; hier sind sie unbärtig, ebenso in Mailand, wo sie regel-
mäfsig diese Rolle spielen. Auf T, 450 haben sogar alle Apostel
bei andern Scenen, selbst Petrus bei der Fufswaschung, den unbär-
tigen Typus; einmal sind zwei, das andere Mal nur einer bärtig.
Das läfst deutlich auf ein schematisches Kopieren schliefsen und
diese Vermutung wird zur Gewifsheit, wenn man auf t. 454f45 5
die den Evangelistensymbolen entsprechenden Porträtmedaillons
der Evangelisten in uniformer Maske dargestellt sieht. Die Arbeit
auf den Tafeln des Britischen Museums ist selbständiger: hier sind
die Apostel, soweit sie vorkommen, mit Ausnahme von Johannes
und Judas bärtig, auch Thomas, Petrus hebt sich nicht über die
andern heraus. Auch in der Wahl der Scenen ist der Künstler
selbständig verfahren: das bewachte Grab; Christi Erscheinung
vor Thomas und noch drei Jüngern; Christus gekreuzigt, unterm
Kreuze Maria und Johannes, zur Seite Judas erhenkt am Baume;
Händewaschung und daneben Petrus mit der Magd. Die Neben-
scenen auf den beiden letzteren Tafeln weisen auf die Analogieen
im benachbarten Brescia. Weniger, weil später, fallen ähnliche
Scenen auf dem Mailänder Diptychon auf (t. 450): der eine Deckel
ist ganz Passionsscenen, darunter dem Abendmahle gewidmet, der
andere den Vorgängen in der Geschichte des Auferstandenen. Dabei
hat man das Plenum stark betont.
Deutlich auf Sarkophagmotive weist auch der Elfenbeindeckel
von Murano (VI. Jahrhundert) I), aber er hat bei der Hauptscene:
Christus thronend als Lehrer zwischen Petrus und Paulus, darüber
nicht der scharfen Hervorhebung der beiden Apostelköpfe vergessen ;
wie in Brescia trägt Petrus längeren runden Vollbart, aber er ist
kahlköpfig, wie auf den ravennatischen Mosaiken. Ravenna hat
auch, wie die Abhängigkeit einer relativ grofsen Zahl von Kunst-
werken beweist, von allen oberitalischen Städten im V I. Jahrhun-
derte am mächtigsten in der Elfenbeinschnitzerei gewirkt. Eine
ältere Gruppe, in das Ende des VI. Jahrhunderts fallend, ravenna-
tischer Kunst bildet die Kathedra Maximianiz), das Elfenbein von