Mailan d.
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Der künstlerischen Subjektivität ist hier grofser Spielraum gelassen.
Namentlich war in der bischöflichen Hauskapelle ein Künstler thätig,
welcher sich an die in Ravenna vorhandenen Traditionen nicht hielt,
wahrscheinlich ist er von auswärts gekommen. Dafür sind auch
seine Schöpfungen von der Folgezeit wenig oder gar nicht als
Vorbilder für die Aposteltypen gebraucht worden. Neben Petrus
und Paulus sind doch feste Typen in Ravenna für Andreas, Johannes,
Thomas und Judas vorhanden. Das Bestreben zu individualisieren
hat wenigstens hier eine entscheidende Charakterisierung zur Folge
gehabt.
Neben Ravenna kommt für Oberitalien nur noch das Mosaik
in S. Aquilino (S. Lorenzo), Mailand, in Betracht. Es ist um die
Wende des V. zum VI. Jahrhundert geschaffen; aber man merkt
hier, wie in der Form so in der Idee auf Vorbilder vom Anfange
des fünften Jahrhunderts zurückgegriffen wird. Eine magistrale
Scene ist dargestellt; Christus inmitten seiner zwölf Apostel.
Petrus und Paulus sind erkenntlich, aber nicht scharf typisch charak-
terisiert. Der erstere ist noch im mittleren pAlter, Paulus trägt
kurzes, aber volles Haar. Sonst fehlt eine Individualisierung. Das
Mosaik vom Sinai (in S. Catharinay) kann für die einzelnen Typen
nichts gelten, weil absolut nichts mehr erkennbar ist. Mit den
Bartholomäus, mit stattlichem Vollbarte im Baptisterium der Orthodoxen,
leichtbärtig in S. Crisologo, trägt in S. Vitale jugendlich kräftigen Typus mit
schwarzem, unten geteiltem Vollbarte (jugendlich unbiirtig in S. Agatha). Judas
jacobi, nicht jung, mit Bart geschmückt (Eccl. Urs.), trägt als Thaddäus mittleren
Alterstypus mit nicht grossem Vollbarte (S. Chrysologus), ist als Thadclätis in S.
Vitale älter mit langem, starkeln dunklen Barte und trägt im Bapt. der Arianer alte
Züge, kurzen Bart, weifses Haar. (Bärtig und mit kahlem Vorderkopfe in S. Agatha.)
Simon Cananeus, jugendlich im Bapt. der Orthodoxen, langbiirtig und älter
in S. Crisologo, ist in S. Vitale wie in S. Maria in Cosmedin durchaus jung, un-
bärtig (in S. Agatha bärtig),
Jakobus Alphäl hat in der Eccl. Ursiana leichten Backenbart, nicht scharf
ausgeprägt, aber doch vorhanden ist der Bart in S. Chrysologus, aber er ist so be-
zeichnend wieder in S. Vitale und in S. Maria in Cosmedin (jugendlich, bartlos in
S. Agatha).
Garr.
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