48
NOTIZEN ZUR GESCHICHTE DER MALEREI IN BÖHMEN.
Composition. Die lieblichen Köpfe der Marien und des Engels
in der zuletzt erwähnten Scene stimmen mit dem Besten auf
den Emausbildern, aber die Zeichnung ist oft wieder recht
schwach. Die Art z. B., wie der Engel auf dem Grabe sitzt,
ist kümtnerlich, das Verdecken seiner Füsse durch ein lang-
zipHiges Gewand ist ein bedenklicher Nothbehelf. Beachtens-
werth ist dann namentlich noch das Architektonische auf diesen
Stil der Bilder-
handschriften.
Bildern, das stets in sorgsamer Ausführung sich vom Goldgrund
abhebt. Es ist eine Steinarchitektur in gothischen Formen, aber
mit geradem Gebälk oder mit Rundbögen, unter Vermeidung
des Spitzbogens. Aehnliche Formen findet man überwiegend in
den erwähnten Bilderhandschriften, sie kommen aber auch
ziemlich entsprechend in der Arcatur unter den rheinischen
Bildern der Marienkirche auf Karlstein vor. Endlich zeigen auch
die Emausbilder Verwandtes. Aber auf diesen ist gerade in einer
der besterhaltenen und edelsten Compositionen, dem Kaiser Au-
gustus mit der Sibylle, eine gothische Kirche in ganz correcten
Formen, dem Dom zu Prag ziemlich entsprechend, dargestellt,
wie sie niemals ein italienischer, sondern nur ein deutscher oder
französischer Künstler gezeichnet haben könnte.
Wir haben jetzt noch den Charakter der damaligen Minia-
turen zu prüfen, können da aber kürzer sein, weil der früher
erwähnte Aufsatz im Repertorium alles Weitere enthält. Da
ist ausgeführt worden, dass die wichtigsten Handschriften dieser
Epoche, grösstentheils für Persönlichkeiten des hohen Klerus
angefertigt, besonders diejenigen Codices, welche den gefälschten
Namen Sbisco de Trotina enthalten, in ihrer Illumination eini-
gen Einfluss der französischen Schule aufweisen, die seit König
Johann von Frankreich und seinen Söhnen, Karl V. und dem
Herzog Jean de Berry, einen neuen glänzenden Aufschwung
nahm. Damit soll keineswegs-gesagt werden, dass die Urheber
dieser Miniaturen selbst Franzosen waren, sie können vielmehr
auch nur eine künstlerische Schule in Frankreich durchgemacht
oder von dorther ihre Vorbilder empfangen haben. Diese Hand-
schriftenmalereien zeigen auch wieder ihre besonderen, vom
französischen Geschmack abweichenden, dem deutschen Charakter
entsprechenden Züge. Der Liber viaticus des Johannes von
Neumark, das Mariale des Arnestus von Pardubitz, dessen Ora-