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NOTIZEN ZUR GESCHICHTE DER MALEREI IN BÖHMEN.
wand der griechischen Kirchen erinnert fand. Jedenfalls darf
man aber nicht an einen Einfluss von Seiten der byzantinischen
Kunst denken. Auch im Abendlande behandelte man die Tafel-
bilder, sobald diese Technik wieder stärker in Aufnahme kam,
zunächst nicht als blosse Möbel, sondern als einen feststehen-
den Bestandtheil der Raumdecoration. So werden Tafelmalereien
zu den grossen gothischen Flügelaltären verwendet, so sind die
einzelnen Felder von Sakristeischränken in Italien mitunter durch-
gehends mit kleineren Gemälden geschmückt, wie in Santa
Croce zu Florenz.
Schon früh wurde angenommen, dass diese Tafelbilder
Arbeiten des Meisters Dietrich seien. Dies ist nicht durch eine
Bezeichnung und nicht in zwingender Weise festgestellt, wohl
aber in hohem Grade wahrscheinlich. Zwei Jahre nach der
Weihe der Capelle nennt die unten (Anm. 204) wiederabge-
"druckte Urkunde Dietrich's "artificiosam picturam et solemnem
Regalis nostrae Capellae in Karlstein". Also nur diese Tafelbilder
oder die Wandbilder oben in der Wölbung der Fensternischen
kämen in Frage. Erstere sind ohne Zweifel die Hauptsache.
Sie stellen die Brustbilder von Aposteln, Evangelisten und
männlichen wie weiblichen Heiligen dar, die bis auf einige in
das Wiener Belvedere versetzte Tafeln sich noch an Ort und
Stelle befinden. Ein grösseres Bild, Christus am Kreuz zwischen
Maria und Johannes, diente als Altargemälde an der abschlies-
senden Wand. Dieses befindet sich jetzt unter delm willkürlichen
Namen Wurmser im Wiener Belvedere, während der ehemalige
Sockel dazu: der Schmerzensmann im Grabe zwischen Engeln
und heiligen Frauen, noch seine alte Stelle einnimmt.
Die In diesen Bildern tritt zum erstenmal der eigentliche
Prager Schult Charakter der Böhmischen, oder richtiger der Prager Schule
auf. Sie hat wohl im Allgemeinen die Züge der deutschen
Malerei des vierzehnten Jahrhunderts, aber doch auch wieder
ihre besonderen Eigenthürnlichkeiten, durch welche sie sich
namentlich von den gleichzeitigen Arbeiten der Kölner Schule
unterscheidet. Die Proportionen sind minder schlank, der Aus-
druck geht eher auf ernste Würde aus, als auf zarte Innigkeit
und Seelenreinheit, die Faltenwurfmotive sind einfacher, rund-
licher. Die Köpfe zeigen eine volle, runde Gesichtsbildung,