BERNHARD
MÜLLER,
SEIDENSTICKER.
Dieser Seidensticker, als die Kirchenzier im Schwang
gieng, war hie und anderswo für einen grossen Künstler ge-
halten, hielt seine Gesellen darauf, unter denen war einer, hiess
Peter, dem lernt ich schreiben und lesen, der war also in dieser
Kunst geübt, dass er auch mit Seidensticken die Menschen
conterfeiet, und dieweil dann die Weibsbilder zu diesem Handel
auch haben helfen können, kann ich nicht unterlassen, ihnen,
ihres Fleiss halben, ein ehrlich Gedächtniss zuzuschreiben, dann
vor Jahren sind die erbaren Frauen nicht allein im Seiden-
sticken, sondern auch im Teppichmachen sehr fleissig und ge-
schickt gewesen, wie dann derselben Teppich, Banklaken,
Küssen und Rucktücher noch viel bei den alten erbaren Ge-
schlechtem gefunden werden.
Mir hat der alte Meister Sebald Baumhauer, welchen der
Albrecht Dürer für einen guten alten Maler rühmte und
Kirchner bei St. Sebald war, gesagt, dass er von den alten
erbern Leuten gehört hätte, dass vor Zeiten die alten erbern
Wittfrauen, mit ihrem Teppichrnachen den ganzen Tag auf St.
Michaels Chörleins, in St. Sebalds Kirchen gewohnt, ihr Gebet
gethan und daselbst ihre Mahlzeit gehalten, und den ganzen
Tag ihre Arbeit verricht haben. Obgemelts Chörlein hat Sebald
so Staiber geheissen, bauen lassen.
Ward Genannter 1520, st. 1'534. Diese Angabe ist aber eben
so fabelhaft, wie die bei Campe stehende Zahl 1486. Nach Roths
Genannten Buch, einem allerdings wurmstichigen Beweismittel, ist
Bernhard Müller, der Seidensticker, 1496-1526 Genannter gewesen,
wobei er jedoeh nur schlechtweg, ohne Angabc_des Stands, ge-
nannt wird. Auch ist die ganze Erzählung von den alten NVeibern,
die den ganzen lieben langen Tag in dem sog. Engelschörlein, hoch
oben über der sog. Lölfelholzkapelle, beisammen sitzen und Tep-
piche wirken, so abgeschmackt, dass man nicht begreift, wie Neu-
dörfer ein solches Gewäsche des alten Baumhauer der Aufbewah-
rung für Werth erachten konnte, davon gar nicht zu reden, wie
Sebald Staiber, der Bruder Lorenz Staibefs, hinein gemischt ist.
Es mag aber auch hier stehen bleiben als ein Zeichen von der Ur-
theilslosigkeit nicht blos Neudörfefs, sondern seiner Zeit über-
haupt. Uebrigens ist dieser Zusatz nur in der einen, obgleich
gerade in der bessern Handschrift zu finden.