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VON DER MALEREI.
seien Parallel-Linien und Felder, und so viele Quadrate einge-
tragen, als ihr auf dem Rahmen unterschieden. Diesen Gegen-
stand setzet ihr zwischen den Körper, welcher dargestellt werden
soll, und das Auge, so dass durch jenes dünne Gewebe, welches
man die graticula nennt, die Sehlinien, welche eine Pyramide
bilden, durchdringen können. Diese Beobachtung hat in sich
sehr viele Vortheile und der erste Vortheil ist, dass sich immer
dieselbe Gestalt ohne sich vom Ort zu bewegen, gleichmässig
darstellt. Sobald nun die Umrisse gezogen sind, so werdet ihr
rasch das erste Abbild in der Pyramide erhalten, eine Sache,
die wirklich sehr schwierig erscheint, wenn nicht jenes Stück
dazwischen gesetzt würde. Du kannst von dir selbst verstehen,
o weiser Maler, wie es schier tinmöglich ist, durch Malen eine
Sache nachzubildexi. S0 aber kommt es, dass die gemalten Dinge,
weil sie stets dieselbe Gestalt bewahren, auch von dem Maler
in derselben Weise dargestellt werden, und zwar viel leichter,
als dies in der Sculptur der Fall ist. Wir ahmen also (den Gegen-
stand) nach, indem wir die Theile messen, welcher Zwischen-
raum oder welche Entfernung vom Augpunkte die Sache ver-
ändert habe, ob sie recht oder anders ist, aus dieser Ursache
ist der Nutzen, den euch dieses Lamrna bietet ein grosser, weil
es den Gegenstand stets unverändert in eurem Anblicke bewahrt.
Von weiterem Vortlieile ist es, dass man die Lage der Umrisse
und die Grenzen der Gestalten von hier zum Malen eines
Bildes übertragen kann. Da ihre Orte ganz bestimmt sind, lassen
sie sich leicht anordnen. Ferner werdet ihr gewahr werden, dass
in diesem Lamma mit Hilfe der Parallelen die Stirne und die Um-
gebung der Nase in der Nähe der Wangen, und der untere des
Kinnes und alle ähnlichen Partien an ihren rechten Platz gebracht
werden können, dies übertraget ihr nun durch die Parallelen
auf das Bild oder einen anderen Ort, wo ihr malet, deshalb
werdet ihr bestrebt sein, die genannten Tlheile in der schönsten
Weise wie ihr nur könnet, anzubringen. Endlich sage ich euch,
dass das Lamma auch insoferne euch grosse Unterstützung ge-
währt, um der Malerei die Vollendung zu geben; denn ihr
werdet dadurch die Dinge hervorspringend und plastisch in der
Fläche des Lamma erblicken, darauf sie entworfen und gemalt
sind. Wie gross der Nutzen sei, welchen euch das Lamma, um