BIONDO,
VON DER MALEREI.
die Farben, welche er auf der Gesammterscheinung, die sie dar-
stellen, unterscheidet, die Sorgfalt seiner Kunst verwenden.
Alle diese Unterschiede, welche in der Malerei vorkommen,
werden durch das Licht verursacht und dann vom Maler geschickt
wieder gegeben, man nennt sie die Lichtwirkungen. Die Um-
reissung, die Composition und die Lichtwirkungen sind also die
drei Theile, Welche die vollkommene Malerei ausmachen und
ich werde daher von diesen drei Theilen handeln, indem ich
mit der Umreissung den Anfang mache.
Die Umreissung ist derjenige Theil der Malerei, welcher
den äussersten Umfang oder den Saum mit den für die Malerei
gehörigen Linien angibt, in welcher Beziehung der Maler Parrha-
sios ausgezeichnet war, wie Xenophon schreibt, er behandelte
die UlDTlSSllHlCD mit höchster Sorgfalt, denn dieser Theil muss
von dem Maler vorzüglich in Acht genommen werden, indem
er die Figur mit den feinsten Linien umzieht, welche man mit
dem Auge kaum wahrnehmen kann. Nichtsdestoweniger sagt
man, dass der Maler Apelles in dieser Hinsicht der entgegen-
gesetzten Meinung gewesen sei und man liest, er habe über diese
Sache mit dem Protogcnes eingehend disputirt. Die Umreissung
ist also nichts Anderes, als die Bezeichnung der Säume, welche
Linien so gemacht sein sollen, dass sie mit dem Rande der
gemalten Gestalt zusammenfallen, oder dass sie wie Sprünge
oder Spalten erscheinen. Abgesehen von diesem verlangt man
nichts Anderes von dem Wesen der Umreissung, als, dass sie
den Umfang und die Contour der Ränder in dem Gemälde
durchaus verfolge, hiezu ist dem Maler sehr nöthig, dass er sich
tibe, indem weder eine Composition, noch eine Darstellung des
Lichtes je gelobt werden wird, welcher die Anordnung der
Umreissung abgeht. Diese muss mit höchstem Fleiss betrachtet
werden, wesshalb ich urtheile, dass man keine nützlichere Sache
für die Malerei finden kann als die Eintheilung derselben. Von
dieser pflegt der kluge Maler Gleichmässigkeit zu verlangen,
wie sie üblich ist, und ein Maler, welcher hierin nicht gut unter-
richtet ist, ptlegt vielmals irre zu gehen. Deshalb sage ich, dass
der Vorgang von folgender Art sein soll: ihr werdet ein Geräthe
finden aus fein gesponnener und durchsichtig gewebter Wolle
von welcher Farbe ihr wollt, aber von etwas dickerer Wolle