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VON
FARBEN UND
KÜNSTEN
DER RÖMER.
mahlen wurde, überall, wo du malen willst, sehr dünn mit einem
Pinsel von Eselshaar aufträgst; sodann lasse es an der Sonne gut
trocknen. Dann aber, wenn die Farbe trocken wurde, trage siewieder
auf, wie du vorher gethan, und noch dicker; doch nicht so sehr,
dass du die Farbe allzu reichlich aufsetzest, vielmehr nur, indem
weniger Oel dazu kommt, denn man muss hiebei auch sehr ver-
meiden, dass zu fette Farbe angebracht werde; thätest du also
und nähmest allzuviel davon, so werden Runzeln darauf sein,
sobald es zu trocknen anfängt. Nun aber, damit ich mit einem
Alles, was noch erübrigt sage, so bitte ich dich, gestatte mir
zurückzukehren zu dem, wo ich von dem noch nackten Holze
sprach (wenn du es mit Leder oder Leinwand bedecken
wolltest). Sollte das Holz, welches du bemalen willst, nicht
eben sein, so bespanne es mit Pferdehaut oder Pergament.
XXV. Wie man eine Säule {um Bemalen herrichtet.
Wenn du eine Säule oder einen Streifen (Pilaster) von Stein
bemalen willst, so lasse sie vor Allem an der Sonne oder am
Feuer trocknen. Dann nimm Weiss (Bleiweiss) und reibe es
mit Oel nett auf dem Marmor. Sodann überstreiche die bereits
von allen Lücken befreite und geglättete Säule zwei-, dreimal
mit jenem Weiss mittelst eines breiten Pinsels. Dann reibe
ganz dickes Weiss mit der Hand oder mit einer Bürste darauf
ein und lasse es ein wenig ruhen. Sobald es ein Wenig trocken
ist, streiche das Weiss kräftig mit der Hand, wodurch du es
ebnest. Damit verfahre so lange, bis es glatt wie Glas ist; dann
aber kannst du mit allen ölgemengten Farben darauf malen.
Falls du es aber marmoriren wolltest, auf einem Farbengrunde,
braun oder schwarz, oder sonst welcher Farbe, so kannst du
es nach dem Trocknen marmoriren. Hierauf firnisse es an
der Sonne.
XXVI. Wenn du Leinwand bemalen und Gold darauf an-
bringen willst, so richte sie also her. Nimm Pergarnent oder
Abschnitzel davon, gib sie in einen Topf mit Wasser, stelle ihn
ans Feuer, lasse es sieclen, wie oben beschrieben steht, tauche
die Leinwand hinein, ziehe sie allsogleich heraus, breite sie auf
der Tafel voll von dem Wasser aus, lasse sie so trocknen und