ÜBER 011-: ÖLMALEREI.
139
ebenso dieser Wirkung Ursache sein können; nur der gewaltige
Fortschritt im Gedanken, die grosse Wendung, die nun die
Kunst erhalten, begeisterte die Gleichzeitigen, während erst
spätere, als bei völlig verwandelter Weltlage diese momentanen
Interessen verwischt waren, ohne alle Begeisterung und höhere
Autiassung die Ursache im Materiellen aufstöbern wollten. Der
Mitwelt War die Technik, in der diese Monumente der Kunst
an den Tag traten, kaum interessanter, als das Kleid, welches
Hubert und Jan trugen, als sie dieselben malten.
Ihre Landschaften, Stolfmuster, Blumen, Thiere und alle
Details hatte den Eyck's die grosse französisch-niederländische
Miniatorenschule gezeigt, nicht erst in Oel vermochte man
derlei darzustellen; Einzelnes wurde auch längst ohne Anstand
und Schwierigkeit in Oel gemalt, dass aber alle Welt seit
ihrem Wagniss die altverschrnähte und übelbeleumundete
Technik annahm und ihr allein die Palme zugestand, das er-
strebten sie nicht durch secreta, sondern durch den frischen
Muth des Genies allein, der des Gelingens Ahnung in sich
trägt, einfach, indem sie die ersten reichbegabten Künstler
gewesen, welche beschlossen, die vortheilhafte Art des Oelmalens
einzuführen, zugleich aber in der geistigen Macht, in der zwin-
genden Obgewalt des Genies eben eine Waffe besassen, um
der technischen Neuerung Bahn zu brechen, die ihre allgemeine,
grössere, geistige Reform mit sich führte. Sie allein, das nackte
'Technische allein dem Jahrhunderte alten Vorurtheile aufzu-
drängen, wäre nie gelungen. Als aber dieser gewaltige Genius
des Künstler-Brüderpaares sie neben den Thaten seiner eigent-
lichen, der höheren geistigen Bestimmung mitnahm im Sieges-
zuge, da fand sie als Beigeordnetes und im überwiegenden
Einwirken jener grossen Bewegungen im ganzen ldeenkreise
der Kunst, leichten, unvermerkten Eingang; sie erscheint da
wie ein Client im Gefolge seines unwiderstehlichen Patrones.
Wie vor den van Eyck es eine Oelmalerei gab, malten
vor Giotto die ältesten Italiener a tempera. Wie jene von
Tempera ward hier dieses von der byzantinischen Manier unter-
brochen, erst Giotto stellte die Malweise mit Eistoffen wieder
her. Es ist aber Niemandem eingefallen, ihn deshalb zum Er-
linder der Tempera-Technik zu machen, wie van Eyck jener des