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EXCURS
Die Periode, in Welche der 3. Theil des I-Ieraclitts fällt,
ist auch für die Kunst die des Uebergaiages aus chaotischer
Zerstreuung eines wohlgegründeten alten Wesens in neue, zur
Zeit noch unklare Formen der künftigen Bestimmung. Es ist
ein Gemisch von Resten und jungen Keimen, so in den grossen
politischen und socialen Gestaltungen wie in der kleineren
Welt der Künste. Aus dem Alterthum hat sich bloss_ Tempera
und Fresco herübergerettet, die Enkaustik verschwand im
Hachen Sande des Byzantinismus ohne Spur; die Oeltechnik
offenbart sich im frühesten Werden. Wie alle Neuerung hebt
sie sich von niederen Vorstufen zu der ihr beschiedenen Voll-
endung auf, zuerst in aller Unbehilliichkeit der Neugestaltung
und deshalb den bestehenden Malweisen nur beigeordnct, zu
Nebenarbeiten allein gebraucht. Der Vermehrer des Heraclius
im III. Buche aber bemerkt bereits Vorzüge und versteht es,
ihnen mit künstlichen Mitteln zu Hilfe zu kommen. Das nimium
taediosum des Theophil ist ein ÜIDCTWLIIILISIICI" Standpunkt, er
braucht mit dem Aufsetzen eines zweiten Tones nicht erst lange
zu warten, bis die Grundfarbe völlig aufgetrocknet ist, weil
ihm eigene Trockenmittel zu Gebote stehen.
Woher aber kam den Nordländern dieses Ersatzmittel,
welches wir allmälig in Verwendung kommen sehen, der Ge-
brauch öliger Vehikel der Farben? Die Noth, die unzulängliche
Beschaffenheit der Mischungen mit Eiweiss und anderen Stoffen
leistete, wie bemerkt, der Pflege der neubeachteten Praxis Vor-
schub; welches ist aber die Quelle, aus der sie dem Norden
bescheert wurde? Auf den ersten oberflächlichen Betracht hin
erschiene unter den fremden Ländern eines, das im 9. bis 12.
Jahrhunderte dafür gelten könnte, das griechische Kaiserreich.
Byzanz hatte damals ja auch Italien mit seinen dunkeln, ge-
firnissten Tafeln beschenkt, es waren unter den Ottonen an
Bischof Altmann von Passau etc. auch nach Deutschland derlei
Arbeiten gekommen und Theophilus sagt in seinem Programm,
er wolle von den Arten und Mischungen der Farben handeln,
Welche in Grecia üblich. Jedoch vergessen wir bezüglich des
ersten Punktes den Unterschied nicht, dass Italien dem Byzan-
tinismus so freien Zutritt gewährte, weil des Landes eigene
Kunst in schwachen Spuren nur vorhanden war und tiefe Bar-