ÜBER
DIE ÖLMALEREI.
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wie sich sogleich ergeben wird, bereits in höherem Grade auf
die Eigenschaften des Oeles aufmerksam und musste nothwen-
digerweise dann eine Gattung um so mehr schätzen, je mehr
ihr rasches Trocknen die Arbeit förderte; Nussöl aber ist das
langsamst trocknende. (Mulder, pag. 76.) Sonst ist bei Heraclius
Leinöl allein üblich, zuerst in mehreren Anwendungen unter-
geordneter Art, wobei Oelfirniss in geschilderter Weise dem
Staniol Goldglanz verleiht (III, XXI). Holztafeln werden zum
Bemalen hergerichtet, indem das mit Schachtelhalm geglättete
Brett eine Bleiweiss-Grundirung empfängt, die mit Oel bereitet
ist. (III, XXIII). Marmorsäulen zu gleichem Behufe damit zu
decken, nachdem die Polirung mit derselben Masse vorgenom-
men wurde (III, XXV). Der Autor warnt vor der Eigenschaft
der Tafelgründe, iwelche bei zu starker Beimengung von Oel
Runzeln und Sprünge erhalten. Das Trocknen dieses Binde-
mittels wird in klarer Vorschrift, und zwar für_Zwecke der
Kunst, bereits gelehrt; man soll Kalk und Bleiweiss darein-
geben, sobald es kocht, dann so lange als möglich die Sonne
darauf wirken lassen (III, XXIX), denn Chlorit des Kalkes in
trockenem Zustande hat eine sehr kräftige austrocknende Wir-
kung. Auch in jenen Mischungen, Welche Holztafeln und Säu-
len erhalten, ist im Bleiweiss schon das Siccativ mitgegeben
und zwar mit bewusster Absicht, indem die Säulen in den
Kirchen der Sonnenwärme nicht ausgesetzt werden konnten;
bei späteren werden wir sehen, dass eigene Trockenmittel wie-
der unbekannt und nur von dieser natürlichen Austrocknung
Gebrauch gemacht wurde.
Das zweitwichtige ist ferner die Benutzung des Oeles, noch
dazu des Trocknenöles, oleum grassum, für Mischungen der
Farben, was vor Theophilus nirgends vorkommt, ferner dass
man die Oelmalerei schon gleichmässig wie Eitempera betrei-
ben konnte. Jedoch lehrt dieses Supplement des Heraclius, wie alle
Oelmaler vor van Eyck, nur Nebendinge in dem neuen Stoffe zu
malen: Ornamente, die Marmorirung der Säulen; Figuren
und Hauptpartien kommen erst später hinzu, die Anwendung
des Oeles bleibt noch wie im I0. Jahrhunderte (Budberg:
l. c.) auf die Mischung des Wand- und Tafelüberzuges be-
schränkt.