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EXCURS
Kenntniss des Firnissens oder ähnlicher, conservirender An-
striche hier erhalten gewesen sei. Ein Stelle der Vita Ottonis
episc. Baberg c. XXL, wo von dem im 11. Jahrhunderte noch
heidnischen Stettin die Rede ist, kann schwerlich auf etwas
Anderes gedeutet werden. Es heisst von den Heiligthümern des
Ortes, dass die Bilder (imagines) an der Aussenseite vom
Wetter nicht geschwärzt und verdorben werden konnten:
"industria pictorum".
Noch andere Belege für das Vorkommen von Firnissen
stehen aus der nächsten Zeitfolge zu Gebote. Das schon bei
dem Anonymus des Muratori genannte Harz Olibanum Findet
man im Handelsvertrage der Städte Ferrara und Bologna 1x93
verzeichnet; desselben gedenkt weiters die Mappae clavicula,
im Originale dem 12. Jahrhunderte angehörig, cap. 54, 55, wo
Tannenharz erwähnt ist. Cap. 105 wird fast mit den Worten
der Stelle aus Vita Ottonis von einem Firniss von cicinum
mitgetheilt, an der Sonne zu trocknen. Cicinunöl verdickt leicht
an der Luft, ist also essiccativ, und das Vorgehen durch Hin-
wegbleiben der Harzlösungeil somit schon vereinfachter. Ein an-
derer Oelfirniss heisst hier colla Greca, bei Theophilus gluten
vernition, griechisches Pech in Oel aufgelöst; nebstdem stossen
wir abermals auf ein Recept, ölgemengte Farben auf einen
Staniolgrund aufzusetzen, pictura aureola.
Unter dem Namen des Heraclius, de coloribus et artibus
Romanorum, sind uns drei Bücher erhalten. Die beiden ersten
in Hexametern, das dritte durch die Prosaform der Abfassung,
den verschiedenen Inhalt, eigenartige Namen, Sprachformen und
Citate als eine spätere Zuthat erkennbar. Die drei Bücher zu-
sammen wurden im Verlaufe des Mittelalters und später häufig
für Schriften verwandter Tendenz benutzt, wie denn die Sche-
dula Theophils (11. Jahrhundert), die Mappae clavicula
Arnold de Villeneuve (geb. 1245, 1- c. 1310) einzelne Capitel
und Recepte für Miniaturmalerei, Edelsteinschneiden hieraus
genommen hat. Uns aber ist hier bloss das später Angefügte, das
III. Buch, von Wichtigkeit.
Sahen wir bisher, dass Nussöl um diese Zeit stets mehr
dem Leinöle weicht, so führt auch das III. Buch des Heraclius
dasselbe nur als Mittel, Marmor zu poliren, an. Man war eben,