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EXCURS
wie solche in denReihen der Geistlichen in einer gewissen Epoche
gerade Deutschland eigenthümlich sind.
Theophilus weiss derwiderspäilstigkeit seines Farbenvehikels
kein Mittel entgegenzusetzen, ausser dass er durch Gummibeimi-
schung die Arbeit "beschleunigen" konnte (l. Buch, c. 27), aber
keine der lngredienzien, die dem Oel die erwünschte Beschaffenheit
durch Oxydation mittheilen, stand ihm zu Gebot, einfache Mischun-
gen, deren Kenntniss wir in den folgenden Recepten des 12. und I3.
Jahrhunderts bereits finden werden. Gleichwohl wäre es gewagt,
die Erfindung zwischen das 11. und 13. Jahrhundert zu verle-
gen, denn auch die localen Verhältnisse kommen in Betracht.
ln einer Klosterschule war auch die Kunst abgeschlossen, daher
an verschiedenen Orten eine durch Jahrhunderte verschieden fort-
geschrittene. Theoph. nahm das neue Bindemittel mit all'seinen
Nachtheilen her, kein Wunder, dass er es nicht hochschätzte und
die Vorzüge bei so ganz roher Anwendung gar nicht zur Er-
scheinung gelangten. Es ist mitLessing und allen, die später
über diesen Gegenstand gehandelt haben, zu glauben, dass Theo-
philus nur darum mit der Oeltechnik nicht zurechtekam, weil
es ihm nach den eigenen Worten langwierig und verdriesslich
wurde, nach dem Aufsetzen jedes Tones zum Warten verurtheilt
zu sein, und weil ihm kein Mittel dagegen bekannt war; nicht
aber, wie Emeric-Davicl (l. c. pag. 101) äussert, weil er nicht
gewusst hätte, dass die einzelnen Farben verschieden, mit
Trocknenöl, mit reinem etc. behandelt sein wollen. Dies heisst,
seine ganze Oelmalerei zu hoch anschlagen: sie war (nach
cap. 20) noch reines Anstreichen allein, für rohere Arbeiten
dienlich, wie er das Bemalen der Holztafeln mit Minium oder
Zinnober ausdrücklich erwähnt (vergl. Budberg, Versuch über das
Alterder ErfindungderOelmalereiJ Göttingen 1792) nur Einzelnes,
in Gesichtern etc. (cap. 26) kommt in dieser Technik bereits vor.
l) Ich kann mir die Bemerkung nicht versagen, dass Lessings kleine
Abhandlung "Vom Alter der Oelmalerei" 1774. durch Raspe, der ihn fast
durchweg ausgeschrieben hat und doch nur ein paarmal citirt, unverclienter-
massen in den Hintergrund gedrängt wurde. Man begnügt sich, ihm die erste
Hinweisung auf Theophilus als Verdienst zu lassen und überschlägt das
Andere, um es, mehr oder weniger unverändert, in allen Schriften bis auf
Eastlakväs neue, gründliche Forschungen wiederzunnden.