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.MALEREI.
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stand und täglich die Speisen, kosmetische Mittel und Medica-
"mente damit bereitet wurden, wie die grosse Menge solcher
Präparate bei Plinius beweist sollte da im Laufe von so
viel Jahrhunderten, bei so bedeutendem Betriebe der Malerei
wirklich nie ein Oeltröpfchen auf eine Farbe gefallen und der
Zufall wenigstens die Entdeckerrolle übernommen haben, wenn
schon mit Absicht keine Versuche gemacht worden wären?
Die Forschung hat längst erwiesen, dass der "Erfinder
der Oelmalerei" bei den Neueren ein Fabelwesen und in uralter
Zeit das Verfahren bereits bekannt war, aber erst allmälig dem
Bedürfnisse folgend, an Bedeutung und Werthschätzung gewann.
Die ersten geringsten Spuren begegnen in einer Periode, als
das antike Kunstleben auch in den verblassten Erscheinungen
des Verfalles erloschen. Gehen wir noch weiter bis zur Blüthe-
zeit der alten Kunst zurück, so ist auch die letzte Spur ver-
loren. Sollte demnach vielleicht die Behauptung berechtigt
erscheinen, welche in Anbetracht dessen, dass es eine Zeit gibt,
in welcher die Technik absolut unbekannt ist, einen ersten
Urheber aufstellt?
Auch bei den Alten aber ist diese Frage nach einem
solchen Götterlieblinge abzuweisen, als eine Anschauung, die
der modernen Idee vom Schicksale der Menschheit nicht wohl
ansteht, ein Rest jener kindlichen Denkweise, welche in den
prirnitivsten Perioden Bacchos und Athene, später dann diesen
und jenen Sterblichen mit der Urheberschaft grosser, allgemein
wichtiger Neuerungen bedachten. Wer der Muschel oder
Eischale den Gedanken des Gefässes abgesehen, wer den abge-
brochenen Baurnast zur Stütze, Waffe, Werkzeug genommen,
wer der Höhle zuerst die Hütte nachgebildet, das ist nicht nur
im Allgemeinen vergessen, sondern selbst dem Mythus zu
natürlich und ursprünglich, als dass ein Gott oder Heros zum
Begründer so rohester Anfänge erkoren würde. Und doch beruht
ihre Entdeckung auf nichts Anderem als jegliche Erfindung des
Menschengeistes, sei es dann auch die genialste und am ver-
borgensten gelegene: sie erhebt sich plötzlich aus der Ver-
borgenheit, in der sie geboten, vorhanden, sie kömmt, wenn
das Bedürfniss sie weckt, die Noth," die Mutter alles Seienden.
Weil dem Hellenengeiste das Bedürfniss nach einer Kunst-