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VON DEN FARBEN UND KÜNSTEN DER RÖMER.
anulus, Ring, bei Plin. XXXV, 6 bezeichnet annulare die Ring-
kreide, eine weissliche Farbe aus Kreide, mit Glas von Ring-
gemmen gemischt. Er setzt hinzu, sie diene zur Carnation für
Frauengesichter. Vitr. l. c. item propter inopiam coloris indici
altam Selinusiam aut Annulariam vitro, quod Graeci Zvarw
(Waid) appellant, inficientes, imitationem faciunt indici coloris.
Hiezu Rivius (Vitruvius Teutsch, Basel, 1548, p. d. lX):
Aber die Anularia sol ein weysse farb sein, damit die gemalte
Bildtnuss der Weyberangestrichen worden seind, ist von Krei-
den und Glass gemacht worden.
LVI. u. ff. lncidere abermals dem Plinius entlehnt. Inci-
sura bezeichnet die Trennung des Schattens vom Lichte in der
Malerei: Ratio in pictura ad incisuras, hoc est, umbras divi-
dendas ab lumine. Plin. XXIII, 13. Diese Cap. scheinen einer
byzantinischen Quelle entnommen zu sein, wie der Ausdruck
bisetum beweist (S. Cenn. p. 143), gleichwohl rührt incidere
aus classischen Schriftquellen, der Ausdruck vergaut (blaugrün)
von dem französischen Verfasser her. Ueber alle hier genannten
Farben geben die Noten zu Cenn. Nachricht; Carmin, s. Watin
p. 25, Braun ib. p. 34., Ocker Plin, XXXV, 6. Ein ähnliches
Cap. ist Theoph. I, 14, eine Wiederholung in den add. bei
Hendrie, p. 418. Alle diese aus classischen und byzantini-
schen Quellen entnommenen Vorschriften haben wohl auch für
die gleichzeitigen, mittelalterlichen Künstler keinen Werth ge-
habt und sind mönchisch gelehrte Schreibbelustigungen, in-
dessen kaum unpraktischer als jene weit kritischeren Versuche
über Malerei, welche im 16. Jahrhunderte Thylesius, Baifius,
Schelfer und Rivius mit ausschliesslicher Beachtung der antiken
Schriften über diesen Gegenstand zusammengestellt haben.