Sitten äusserst fein und artig war; so zwar, dass er selbst für
Alle nicht minder anziehend war, wie seine Figuren.
Fab. Es ist nicht genug zu behaupten, diese Studie des
Nackten sei schön und vollendet; man muss es auch beweisen.
Aret. Antwortet mir vor Allem auf eine Frage. Sind
Rafaels Arbeiten im Nackten etwa verrenkt, zwerghaft, Heischig,
zu dürr? sind die Muskeln daselbst nicht in ihrer richtigen
Lage? oder finden sich da andere Mängel vor?
Fab. Ich habe immer gehört, dass sie gelungen sind;
dass sich aber bei ihnen nicht jene künstlerische Fertigkeit vor-
findet, die man an jenen des Michel Angelo sieht.
Aret. Worin besteht diese Kunstfertigkeit?
Fab. Sie haben nicht die schönen Contouren, welche
denen dieses Letzteren eigen sind.
Aret.
Welche
sind
diese
schönen
Contouren?
Fab. Die sind's, welche jene schönen Beine, jene
Füsse, Hände, Rücken, Hüften und Alles Uebrige im
angeben.
schönen
Umrisse
Aret. Also Euch,
scheint es nicht, dass
schaften besitzen?
und den Parteigängerlu des Michel Angelo
Rafaels Nuditäten diese schönen Eigen-
schöne
Grade,
Fab. Nicht nur schöne sage ich, sondern sehr schöne
Eigenschaften weisen sie nach; aber nur nicht in dem Grade;
wie die Nuditäten des Michel Angelo.
Aret. Woher entnehmt Ihr die Regeln, um dieses Schön-
heitsmaass zu beurtheilen?
sehr
dem
Fab. Ich glaube wohl,
sagtet, dem Natürlichen und
dass man sie, wie Ihr ja selbst
den Statuen der Antike entneh-
ITICH
müsse.
Aret.
Dann werdet Ihr
zugeben,
dass
die Nacktheiten
des
Rafaels
alle
Vorzüge
des
Schönen
und
Vollendeten
3 D
sich
haben; denn selten führte
oder die Antike sich zum
er eine Arbeit aus, ohne die Natur
Vorbilde zu nehmen. Daher auch