Volltext: Aretino oder Dialog über Malerei

dem, was wir lesen und glauben, es sein wird: an einem Tage, 
von welchem die heilige Schrift verkündet, dass an demselben 
selbst der Tod und die Natur vor Schrecken erstarren werden, 
nachdem das ganze Menschengeschlecht an diesem Tage wird 
erstehen müssen, um dem ewigen Richter über Alles im Leben 
gethane Gute und Schlechte genau Rechenschaft zu geben. Und 
dann: was für ein mystischer Sinn soll darin stecken, dass 
Christus bartlos dargestellt wurde; oder dass einer der Teufel 
eine grosse Menschengestalt, die er an den Hüften mit den 
einschneidenden Klauen umfasst hält, und die vor Schmerz 
sich in die Finger beisst, herunter in die Tiefe zerrt? Doch 
lasst mich gefälligst hier abbrechen, damit es nicht aussehe, 
als wollte ich Uebels einem Manne nachsagen, der sonst einen 
wahrhaft göttlichen Zug an sich hat. 
Fab. Ich wiederhole, dass seine Erfindungsgabe eine höchst 
geistvolle und nur von Wenigen verstandene ist. 
Aret.- Mir will es nicht sehr anerkennenswerth scheinen, 
dass das Auge von Kindern, Matronen und Mädchen an jenen 
Gestalten all' das Unsittliche besichtige, das Letztere offen 
zur Schau tragen, und dass nur Eingeweihte die Tiefe der 
Allegorien, die dort stecken, verstehen. Da wende ich auf ihn 
die Worte an, welche, wie man sich erzählt, ein würdiger Ge- 
lehrter bezüglich des satyrischen Dichters Persius, dessen 
Schriften ebenfalls sehr dunkel sind, sprach: wenn du nicht 
verstanden sein willst, ich für meinen Theil mag Dich auch 
nicht verstehen; worauf der Mann das Buch ins Feuer warf, 
gleichsam als wollte er Vulcan damit ein entsprechendes Opfer 
bringen. S0 sage auch ich: Da Michel Angelo verlangt, dass 
seine Intentionen nur von wenigen Eingeweihten erfasst wer- 
den, und ich nicht zu diesen gehöre, so überlasse ich sie ihm 
gerne; Wir haben nun Michel Angelo auf dem Gebiete heiliger 
Historien geprüft; prüfen wir ein wenig Rafael auf jenem der 
profanen. Finden wir ihn hier ungemein correct und züchtig,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.