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F a b.
messenheit
Hat
nicht
etwa der grosse Michel
ebenfalls beobachtet?
Angelo
diese
Ange-
Aret.
Wollte
ich
Euch
und
seinen
anderen
Gönnern
ZU
Gefallen sprechen, so würde ich sagen: ja. Soll ich aber der
Wahrheit gemäss reden, so antworte ich: nein. Findet Ihr auch
in den Bildern des Michel Angelo den allgemeinen Unterschied
des Alters und des Geschlechtes ausgedrückt (was ohnehin Je-
dermann zu Stande bringt), so findet Ihr ihn gewiss nicht
ebenso in der Wiedergabe der einzelnen Muskeln. Ich will
hier nicht an eine Kritik seiner Werke gehen; theils ob der
Verehrung, die ich für ihn hege, und die ein so grosser Mann
wohl verdient, theils weil sie kaum nothwendig erscheint. Was
aber sagt Ihr im Punkte der Ehrbarkeit? Scheint Euch, dass
es angemessen sei, blos um die Schwierigkeiten der Kunst
darzuthun, immer jene nackten Theile an den Menschengestal-
ten zuchtlos zu enthüllen, welche Scham und Ehrbarkeit ver-
hüllt halten, und das, ohne irgend welche Rücksicht zu neh-
men, sei es auf die Heiligkeit der dargestellten Personen, sei
es auf die Räumlichkeiten, in welchen sie uns vorgeführt werden?
Fab. Ihr seid wohl zu streng und zu gewissenhaft.
Aret. Wer wird wagen zu behaupten, es habe nichts auf
sich, dass man in der Kirche des heiligen Petrus, des Fürsten
der Aposteln, in einer Stadt wie Rom, welche von der ganzen
Welt aufgesucht wird, in der Capellc des Papstes, der, wie
Bembo mit Recht sagt, als ein Gott auf Erden erscheint, dass
man da so viele gemalte nackte Figuren sieht, die ohne alle
Schamhaftigkeit ihre vorderen und rückwärtigen Theile zur
Schau tragen? Das ist unstreitig, mit allem möglichen Respect
vor dem grossen Künstler gesprochen, einer geweihten Stätte
ganz und gar unwürdig. Die Gesetze verbieten den Druck ob-
scöner
Schriften;
UITI
wie
viel
mehr
sollten
sie
die
Zurschau-
solcher Bilder verbieten. Oder glaubt Ihr vielleicht,
den Geist fromm stimmen, und ihn zur Betrachtung
legung
dass sie