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„Der Dichter und der Maler gibt's nicht viele,
Der Maler mein" ich, die des Namens Werth sind."
(Sono i Poeti ed i Pittori pochi,
Pittori, che non sian del nome indegni.)
Was aber die Erre un betrifft so habe ich hier in Venedi
8 g , g
nur wenige Bilder (jene des göttlichen Tizians natürlich aus-
genommen) gesehen, welche eine solche bewirken.
Aret.
Wenn
wir
also
alle
Momente
untersuchen,
welche
zur Malerei gehören, so werden wir finden, dass Michael Angelo
nur eines davon, und zwar die Zeichnung besass; während
Rafael sie alle, oder doch wenigstens die grössere Anzahl der-
selben, sein eigen nannte, nachdem allerdings auch Rafael kein
Gott, dem gar nichts abgeht, sein konnte. Fehlte aber Rafael
Etwas, so war es wenig,
Fab. Beweist es.
und
VOH
111.11"
geringer
WVichtigkeit.
Aret. Wer zunächst, was Erhndung betrifft, die Bilder
des Einen und des Anderen genau, und mit Aufmerksamkeit,
in ztllen ihren Einzelnheiten prüft, wird finden, dass Rafael
Alles hier Einschlägige wunderbar beobachtete, Michel Angelo
hingegen wenig, oder gar nicht.
Fab. Das schiene
der Parallele.
mir
allerdings
eine
grosse Ungleichheit
Aret. Dennoch behaupte ich hier nichts, was über
Wahrheit hinausgeht. Hört rnir nur mit Geduld zu. Lassen
die
wir
das
Historische
unberührt ,
WO
Rafael
die
Geschichtsschreiber
in
einer
Weise
erreichte,
dass
oft
das
Urtheil
der
Kenner
sich
zur Ansicht
verleiten
lässt,
dieser
Maler
habe
in
seinen Bildern
die
Ereignisse
besser
dargestellt ,
als
die
Schriftsteller
CS
in
ihren Werken gethan, oder sei wenigstens gleichen Schritt mit
ihnen gegangen. Reden wir von der Angemessenheit: Rafael
hat selbe nie ausser Acht gelassen, und malte vielmehr Kinder,
als wirkliche Kinder, nämlich weich und voll; Männer, kräftig,
und Frauen mit jener Zartheit, die ihnen thatsächlich eigen ist.