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Aret. Das besagt meiner Ansicht nach, dass die gesammte
Haltung einer Darstellung, die mehrere Figuren umfasst, ein
Ganzes bilden müsse, das harmonisch in einandergreift. Wenn
ich zum Beispiel das in der Wüste vom Himmel fallende Manna
in einem Bilde darstellen wollte, so müsste ich es so einrich-
ten, dass alle bei der Sache dargestellten Juden in verschiede-
nen Stellungen dieses göttliche Brot einsammeln; dass Alle eine
grosse Sehnsucht darnach und auch grosse Freude an den Tag
legen, und es nicht etwa aussehe, als sei irgend einer unter
ihnen zurückgesetzt worden. Genau so, wie es Rafael in seinem
Bilde that, der ausserdem noch eine wirkliche Wüste mit Holz-
gebäuden,
dem Moses
die der Zeit und dem Orte entsprechen, erdachte,
ein ernstes Wesen, eine lange bis zur Erde reichende
Gewandung,
eine
hohe und
würdige Haltung,
ebenso
aber
den
jüdischen
Weibern
gestickte
Kleider,
wie
sie
damals
ZU
tragen
Anderseits darf ich nicht verschweigen, da man
nie vorenthalten soll, dass Derjenige, welcher in
pflegten, gab.
die Wahrheit
dem
Saaß
den
man
SOpraa
nennt,
neben
dem
Schlacht-
bilde von Tizian 1), die Darstellung der von Alexander III. gegen
Friedrich Barbarossa geschleudertelu EXCOIIIITIUHICIFLIIIg malte,
sich
bei
dieser
geschichtlichen
Darstellung
einen
Irrthum
ZU
Schulden
kommen
liess.
Nachdem
nämlich
seiner
Com-
position Rom zeichnete, so scheint mir, dass er höchst
hörig gegen die Angemessenheit gesündigt habe, indem
unge-
er da
eine
SO
grQSSC
Anzahl
venetianischer
Senatoren
anbrachte ,
die
1) Dieses Gemälde ging bei dem Brande vom Jahre 1577 zu Grunde.
Es wurde von Giorgione (nicht von G. Bellini) begonnen und nach dessen
Tode von Tizian vollendet. Die Handlung, die es darstellt, ist nicht die von
Dolce und Vasari erwähnte, sondern das Gemälde zeigte Friedrich Barbarossa
in dem Momente, als er am Eingange zur Marcuskirche dem Pabste den
Fuss küsst. s. Vasari ed. Le Monier. B. V p. 22. N. 6 Ueber die Schlach-
tenbilder "Fiziaxfs, die auch Vasari ungenau beschreibt, siehe A. Majer
„Della irnitazione pittorica, della eccelenzn delle opere di Tiziano." Venczia.
1818. p. 324 329.