Volltext: Aretino oder Dialog über Malerei

Leben besitzen, welches sie erhält und ewig befruchtet. Doch 
will ich hier als Maler und nicht als Philosoph reden. 
Fab. Mir erscheint Ihr so gut das Eine, wie das Andere. 
Aret. Sehr erfreut, wenn es so ist. Beginnen wir nun 
mit der "Erfindung", bezüglich welcher ich behaupte, dass 
viele Momente dahin gehören, worunter die Anordnung und 
das Angemessene den ersten Rang einnehmen. Hätte ein Maler 
beispielweise einen Christus oder einen heiligen Paul, welcher 
predigt, darzustellen, so wäre es tinangemessen, dass er sie 
nackt, oder als Soldaten, oder als Matrosen gekleidet malt; 
vielmehr müsste er ihnen eine dem Einen und dem Anderen 
entsprechende 
Gewandung 
geben; 
VOI' 
Allem 
aber 
dem 
Erlöser 
eine ernste und zugleich liebevoll milde, sanfte Physiognomie, 
sowie dem heiligen Paul ein Wesen, wie es einem so grossen 
Apostel zukommt, verleihen; so zwar, dass der Beschauer sich 
einbilden könne, ein wirkliches Ebenbild, sei es des Gebers unseres 
Heiles, sei es des Auserwähltesten der Erwählten, vor sich zu sehen. 
D'rum ward dem Donatello l), der einen Gekreuzigten von Holz 
gemacht hatte, nicht mit Unrecht vorgeworfen, dass er einen 
Bauer auf's Kreuz geschlagen habe; obwohl unsere Zeit Keinen, 
der dem Donatello in der Bildhauerei gleichkommt, und nur 
einen Michel Angelo, der ihn übertrifft, aufweisen kann. Ebenso 
müsste ein Maler, der Moses darzustellen hätte, demselben keine 
armselige Gestalt, sondern eine von Grösse und Majestät er- 
füllte geben; vor Allern wird er auf die besonderen Eigenschaf- 
ten der vorzuführenden Personen, auf die Nationalität, auf die 
1) Die Aeusserung Brunnellescfs über das in Holz geschnitzte Krucifix 
Donatellds wird in Vasari, im Leben Brunncllescfs erzählt. (Ill. p. 198 ed LM.) 
Das Krucifix befindet sich heutzutage in der Kirche S, Croce (Capell. Bardi, 
Ende d. l. Querschiffes, das Brunnelescds in S. Maria Novella (Cap. links 
v. Chore). Bemerkensvwrerth ist es und bezeichnend für die Urtheilsfähigkeit 
Dolce's, dass er meint, ausser M. Angelo kam keiner in unserer Zeit dem 
Donatello gleich  ein Urtheil, dem wir gerne beistimmen.  Donatelln 
lebte in Florenz 1383j86 --i466, Filippo Brunellesci 1379-1446.
	        
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