PIETRO
ARETINO
UND
GIOVAN
FRANCESCO
FABRINI.
Aret. Es sind heute gerade vierzehn Tage her, mein
Fabrini 1), dass ich mich mit dem hochgelehrten Giulio Camillo 2)
in der herrlichen Kirche San Giovanni e Paolo, wegen der Feier
des heiligen Märtyrers Petrus, befand, die täglich bei dem Al-
tare celebrirt wird, wo das grosse, von der zarten Hand
Tizians, meines berühmten Vetters, gemalte Bild angebracht ist,
welches die Geschichte dieses Heiligen darstellt. Da schien es
mir, als sähe ich Euch im Anblicke des anderen Bildes, des
heiligen Thomas von Aquino, und einiger anderen Heiligen,
ganz vertieft, das der venetianische Maler Giovanni Bellino vor
vielen Jahren in Fresco-Manier gemalt hat3). Würden wir
l) Giov. Francesco Fabrini, ein florentiner Edelmann, über dessen
Lebensverhältnisse und Beziehungen zu Dolce keine Daten vorliegen.
2) Camillo Giuglio, ein zeitgenössischer Dichter, dessen Werke in
Venedig bei Giolito zuerst im Jahre 1552 in 12" erschienen. Er betheiligte
sich auch an der von Dolce im Jahre 1547 veranstalteten Ausgabe Petrarca's.
3) Diese beiden hier angeführten Gemälde Tizian's und Giov. Bellini's
sind bei dem Brande der Capelle in S. Giovanni e Paolo in der Nacht des
16. August 1867 zu Grunde gegangen. Das Gemälde G. Bellini's, gemalt nach
1472, stellte eine thronende Madonna, umgeben von dem heiligen Thomas v.
Aquino, Gregor, Hieronymus, Katharina v. Siena, Magdalena und anderen
weiblichen "Heiligen vor. Cavalcaselle widmet diesem Capital-Werke Bellini's
(History of painting in North Italy. I, p. 154-56) eine eingehende Beschrei-
bung. Titialfs Gemälde, hinlänglich bekannt, wird auch von Vasari (Xlll.