Leider erfahren wir in der sehr breiten Einleitung wenig über
Dolce und die venetianische Malerei; dafür hat Hr. Vleugels die
Errata-corrige vergessen, die am Schlusse der Originalausgabe
verzeichnet sind. Eine holländische Uebersetzung wurde durch
Jacobus de Jongh, Amsterdam, bei Gerrit du Groot 1756 be-
sorgt. Eine deutsche Ucbersetzung erschien im Jahre 1759, als
erster Band der "Sammlung vermischter Schriften zur Beför-
derung der schönen Wissenschaften". Die englische Uebersetzung,
von M. Browne erschien London 1770 S". Im Jahre 1863 er-
schien in Mailand bei Daelli eine neue Ausgabe des Dialogo.
Der Auffassung seiner Zeit folgend, zergliedert Dolce in
diesem Dialoge nach den üblichen Categorien der Erfindung,
der Zeichnung und des Colorites Rafael, Michel Angelo und
Tizian mit Feinheit, nicht ohne Streiflichter auf einige andere
hervorragende Künstler, insbesonders auf Giorgione, zu werfen.
Es ist in hohem Grade wahrscheinlich, dass dieser Dialog
direct von Tizian und Pietro Aretino beeintlusst wurde. Wie
weit aber der Einfluss des einen oder des anderen geht, lässt
sich mit Sicherheit wohl kaum feststellen. Jacopo Morelli, der
gelehrte und kunstverständige Bibliothekar der Marciana, be-
merkt in dem Exemplar der Marciana "Man glaubt, dass der
Dialog über Malerei des Dolce im Einverständniss mit Tizian
verfasst
Sei:
Weil
darin
mehr
gelobt
iSta
als
Rafael
und
Michel Angelo, und Giacomo Carrara schreibt im Jahre 1768
an Giov. Bottari, mit Rücksicht auf die über Michel Angelo
gemachten Bemerkungen, Dolce, der selbst von Kunst nichts
verstanden, habe diesen Dialog a dettatura dell' Aretino ver-
fasst." Das ist jedenfalls übertrieben. Aretino ist nicht der Mann,
der einen Dialog dictirt, und die Urheberschaft grossmüthig
einem Anderen überlässt; und der Mann, der diesen Dialog
verfasst, ist nicht so unkundig der Kunst, wie es Carrara glaubt.
Dass Dolce und Tizian in directem Verkehre gestanden, geht auch
aus dem Schreiben hervor, in welchem er ihm die von ihm