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Ausdehnung des Tageslichts in freier Luft zu er-
weisen und die Notwendigkeit, dass ein Bild, um in
seiner Farbe wahr zu sein, wie ein breiter Raum in
erhöhter Beleuchtung wirken müsste, und nicht wie
die Bilder der alten Meister als ein zusammenge-
stückeltes Kompendium schwarzer Schatten, wie die
Natur in Trauergewändern. Wohl hat Turner in
Einzelteilen seiner Bilder die unerreichbare Intensität
eines Farbentons in die erreichbare Lage eines höheren
übersetzt. Z. B. das goldne Grün intensiven Sonnen-
lichts auf Grün, in reines Gelb, denn er weiß, es
ist unmöglich, mit einer Mischung von Blau die In-
tensität des Lichtes nur relativ wiederzugeben. Und
er besteht immer auf der Richtigkeit von Licht und
Schatten, was es ihn auch an Farbe koste. Er tut es
aber nur selten und nur auf kleinen Flächen. Ich
wäre seinen Kritikern verbunden, wenn sie einmal
hinausgingen an ein moosgrünes, vom vollen Sommer-
sonnenschein beleuchtetes Gestade, und versuchten
diesen Ton zu treffen. Wenn sie dann finden, dass
indisch Gelb und Chrom daneben dunkel erscheinen,
mögen sie ehrlich sagen, was der Wahrheit näher
kommt, Turners Gold oder das trauernde, trübe
Olivenbraun und kupfrige Grün, in dem Claude, mit
dem Fleiß und Verstand eines Sevres Porzellanmalers,
Blättergestrüpp mühsam über seinen kindischen Vor-
dergrund schleift.
Es ist seltsam genug, dass die Hauptangriife auf
Turner wegen übertriebener Farbenpracht ihm nicht