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gespielt werden, so wäre solch Verfahren recht und
notwendig. Aber die Natur übertrifft uns nicht nur
so sehr in der Fähigkeit, Helligkeit auszuwirken, als
die Sonne lichter ist als weißes Papier; sie über-
trifft uns auch unendlich an Schattenkraft. Ihre
tiefsten Schatten sind leere Höhlen, die kein Licht
reflektieren. Gemalte Schatten aber sind schwarze
Flächen, von welchen, wir mögen sie so tief tönen wie
wir wollen, immer noch Licht ausgeht, so dass sie,
gegen eine Stelle tiefsten Düsters der Natur gehalten,
geradezu licht wirken. Unser hellstes Licht ist
weißes Papier, unsere tiefsten Schatten eine sichtbar
beleuchtete Fläche, und damit werfen wir der Natur
den Handschuh hin, deren Licht die Sonne und deren
Schatten die Leere ist. Sie kann es sich erlauben,
ihre materiellen Objekte dunkel auf den leuchtend
luftigen Ton ihres Himmels zu werfen, und diesen
Objekten selbst tausend mittlere Töne und Fernen
zu verleihen, ehe sie bei Schwarz und Dunkel anlangt;
denn alle beleuchteten Flächen ihrer Objekte sind so
viel deutlicher und lebhafter hell, wie ihre nächsten
und nächtlichsten Schatten, als der Himmel heller ist
denn die beleuchtete Erde. Bestehen wir aber
unserem armseligen, stumpfen Dunkel gelber Himmels-
töne gegenüber auf demselben Schattenverhältnis der
materiellen Ohjekte, dann gelangen wir bald auf den
untersten Grund unserer Farbenskala; und was in
aller Welt sollen wir weiter beginnen? Woher sollen all
unsere mittleren Fernen kommen? Wie sollen wir