Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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sie für das zweite, das eigentliche und einzig wichtige 
Ziel der Kunst, die notwendigen Voraussetzungen bil- 
den. Obwohl wir der Gedanken und Gefühle des 
Künstlers so sehr bedürfen wie der Wahrheit, müssen 
es Gedanken sein, die der Wahrheitserkenntnis ent- 
stammen, und Gefühle, die ihm bei Betrachtung der 
Wahrheit aufgestiegen sind. Sein Geist darf nicht 
einem schlecht geblasenen Glase gleichen, durch 
welches alles verzerrt hindurchscheint, sondern einem 
Glase seltener und süßer Färbung, das dem, was hin- 
durchschimmert, neue Töne verleiht. Einem Glase 
von auserlesener Stärke und Klarheit, das uns mehr 
erkennen lässt, als wir allein sehen würden, und uns 
der Natur näher bringt. 
Nichts kann für den Mangel an Wahrheit entschädi- 
gen; nicht die glänzendste Einbildungskraft, nicht die 
beweglichste Fantasie, nicht das feinste Fühlen, so- 
fern es rein und falsch zugleich sein könnte; nicht 
die erhabenste Konzeption, nicht die eindringendste 
Verstandesauffassung. Denn Falschheit ist erniedri- 
gend und empörend an sich, und die Natur so unend- 
lich über alles erhaben, was Menschengeist ersinnen 
kann, dass wer sich von ihr entfernt, unter sie sinkt. 
Eine ornamentale Falschheit kann es garnicht geben. 
Alle Falschheit ist Befleckung und Sünde, Ungerech- 
tigkeit und Betrug. 
Ohne Wahrhaftigkeit kann kein Künstler anmutig, 
originell oder reich an Fantasie sein. Verlangen nach 
Schönheit entfernt uns nicht von der Wahrheit, steigert
	        
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