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einer
Einheit,
die
tiefer
liegt
als
ihre
Erscheinungs-
formen.
Gustaf Steffens kann es sich aber nicht deuten,
dass Ruskin die Forderung der Naturwahrheit neben
die der symbolischen Wahrheit stellt, und meint, man
müsse sich über diesen Selbstwiderspruch hinweg-
setzen, da er uns durch eine so herrliche Definition
des Symbolismus bereichert habe. Und doch ist
seine Definition symbolischer Wahrheit in der Kunst
nur eine andere Seite der Naturwahrheit.
Der hellenische Geist, wie er sich in Plato äußert,
kann nach Bosanquet eine künstlerische Darstellung
der Art und dem Zweck nach nicht anders betrachten,
als eine Wirklichkeit des täglichen Lebens . . . Bild-
nisse und Schöpfungen der Fantasie stehen ihm tie-
fer als Natur und Wissenschaft. Er verlangt Wirk-
lichkeit aus erster Hand, und die Kunst betrachtet er
lediglich als Nachahmung der Wirklichkeit und ihr
darum untergeordnet.
Ruskin nimmt denselben Standpunkt der Kunst gegen-
über ein, sofern sie bloße Nachahmung der Natur
ist. Sobald sie aber die Wahrheit der Dinge ver-
anschaulicht, wird sie ihm eben so sehr Trägerin
geoffenbarter Wahrheit wie die Natur und nur in einem
andern Sinn als Ausdruck dessen, was ein inspirierter
Mensch in der Natur erlebt hat
Das Wort Wahrheit auf die Kunst bezogen, bedeutet,
dass sich eine Naturtatsache den Sinnen oder der
Seele
glaubhaft
erwiesen
hat.