Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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möglich, weil die Seele sich an etwas erlabt, 
einem ausschließlich sinnlichen Reiz ähnelt. 
das 
Wir 
können naturalistisch dargestellte Tränen als Ausdruck 
der Kunst oder der Qual betrachten, wie es uns 
beliebt, aber als beides zugleich können sie nicht auf 
uns wirken. Wenn wir sie als das eine bewundern, 
können wir nicht zugleich von ihnen gerührt werden. 
Vorstellungen der Nachahmung sind zweitens ver- 
ächtlich, weil sie nicht nur den Beschauer hindern, die 
innere Schönheit des Gegenstandes zu genießen, son- 
dern auch weil sie nur von gemeinen und verächtlichen 
Dingen ausgehen; denn etwas wahrhaft Großes kann 
gar nicht nachgeahmt werden. Eine Katze, einen 
F iedelbogen kann man zum greifen ähnlich nachahmen; 
nicht aber das Meer und die Alpen. Früchte können 
wir nachahmen, aber keinen Baum; Blumen, aber 
keine Wiese; geschliffenes Glas, nicht aber den 
Regenbogen. Alle Bilder daher, die in untergeordneten 
Einzelheiten wie Stoffe, Juwelen, Möbel Täuschung 
bezwecken, sind Ausdruck der Nachahmung. 
Diese Vorstellungen sind drittens verächtlich, weil 
keine Vorstellung des Könnens mit ihnen verbunden 
ist. Dem Unwissenden mag die Nachahmung 
schwierig und ihr Erfolg rühmlich erscheinen, weil 
er im Künstler auch nur einen Taschenspieler erblickt, 
der ihm seltsame Dinge vorgaukelt. Dem Wissenden 
erscheint aber der Taschenspieler der ehrenwertere 
unter beiden. Er weiß, dass Taschenspielerei eine 
schwieriger zu erlernende Kunst ist und mehr Genie
	        
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