Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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eine weiche, gleichmäßige Fläche. Oder in Wachs- 
figuren, wo der erste Sinneseindruek beständig durch 
die Erfahrung widerlegt wird. Aber dem Marmor 
gegenüber hält diese Definition nicht stand. Eine 
Marmorstatue sieht nicht aus wie etwas, das sie nicht 
ist. Sie sieht aus wie Marmor und hat die Gestalt 
eines Menschen; aber sie ist von Marmor und ist 
die Gestalt eines Menschen. Sie sieht nicht wie ein 
Mensch aus, der sie nicht ist, sondern wie die Gestalt 
eines Menschen, die sie ist. Gestalt ist Gestalt, 
bona fide und tatsächlich  einerlei, ob aus Marmor, 
oder Fleisch und Bein;  und zwar ist sie nicht 
die Nachahmung oder Ähnlichkeit einer Gestalt, 
sondern eine wirkliche Gestalt. 
Der Kohlenumriss eines Baumzweiges auf dem Papier 
ist nicht Nachahmung. Er sieht aus wie Papier und 
Kohle, nicht wie Holz, und was er der Vernunft 
suggeriert, ist, genau gesagt, nicht der Form eines 
Zweiges gleich, sondern ist die Form eines Zweiges. 
Hieran lassen sich die Grenzen der Nachahmung er- 
kennen. Sie wird nur da zum Kunstknilf, wo sie 
etwas absichtlich anders erscheinen lässt als es ist. 
Die Nachahmung bereitet daher den Genuss der 
Überraschung, in dem gemeinen, armseligen Sinn der 
Taschenspielerei:  die verächtlichsten Genüsse und 
Vorstellungen, die die Kunst gewährt. Denn ihre 
Freude beruht auf der Vorstellung einer Täuschung, 
die die Vermmft ablehnt. Jedes hohe Gefühl ist 
ausgeschlossen und jeder edle Gedanke physisch un-
	        
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