39
nehmbar, sollte es doch die Seele tiefer erfassen . . .
Die Bilder gewähren die Vorstellungen höchsten Kön-
nens, die die größte Vollkommenheit mit den gering-
sten Mitteln erreichen; nicht die, in denen viel mit
wenig erreicht, aber nicht alles geleistet ist, sondern
die Bilder, in denen alles vollbracht ist, was möglich
war, und doch kein Strich überflüssig erscheint . . .
Alle Qualitäten der Ausführung sind von einer höheren
Fähigkeit abhängig der Wahrheitserkenntnis. Ihr
erster Vorzug ist jener Ausdruck zarter unaufhörlich
sich verfeinernder Wahrheit, der sich bis auf den
letzten Zug und den Schatten eines Zuges erstreckt,
jede Haarbreite wichtig macht und jede Steigerung
bedeutungsvoll. Genau genommen ist dies nicht mehr
Ausführung, aber der einzige Unterschied in der Aus-
führungsweise des gewöhnlichen und des vollkommenen
Künstlers. Auf Präzision und Vollendung der im
Augenblick hingeworfenen Linie beruht der Anspruch
auf Unsterblichkeit. Ist diese Wahrheit aller Wahr-
heiten vorhanden, dann mögen andere Qualitäten der
Ausführung unbeschadet fehlen.
Die zweite Qualität der Ausführung, auf die es beim
Können ankommt, ist Einfachheit. je prätentions-
loser, ruhiger, zurückhaltender die Mittel, um so
größer der Eindruck. . . . Jeder Versuch, Linien
auf Kosten ihrer Bedeutung anziehend zu gestalten,
ist lasterhaft.
Die dritte Qualität:
geheimnisvoll und
Geheimnis. Die Natur ist immer
verborgen in Anwendung ihrer