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Dem Grade des Könnens entspricht die Würde der
Vorstellungen, die sich an die Vernunft wenden.
Sie erwecken die höchsten moralischen Gefühle wie
Ehrfurcht, und verlangen nach Betätigung. Ihrer Natur
nach sind sie die edelsten, die mit der Kunst in
Verbindung stehen. Die graduellen Unterschiede
ihres Wertes sind aber unendlich, da sie jedes Können
umfassen, von der manuellen Geschicklichkeit an bis
zur gesteigertsten Geisteskraft . . . . Das über und
über geschnitzte Ruder des Indianers erweckt in uns
die Vorstellung fleißiger Handarbeit, und wir sind
angenehm berührt durch den Gedanken an die dar-
auf verwandte Zeit und Mühe. Dies sind freilich
untergeordnete Vorstellungen, und doch lebt etwas
von dieser Art Genuss in unserer Bewunderung aller
hervorragenden Ornamentik, architektonischen Verzie-
rung und dergl. Das Entzücken, mit dem wir die
dnrchbrochene Fassade der Kathedrale von Rouen be-
trachten, beruht in nicht geringem Grade auf der
einfachen Wahrnehmung der darauf verwandten Zeit
und Arbeit. Und doch ein veredelnder Genuss, selbst
auf
dieser
untersten
Stufe.
Der
Genuss
an
einer
Zeichnung um ihrer "Vollendung" willen oder wegen
der "Arbeit", die sie gekostet, ist von derselben Art und
wäre richtig, wenn sich nicht darin ein Mangel be-
kundete, die höheren Fähigkeiten wahrzunehmen, denen
gegenüber "Arbeit" etwas untergeordnetes ist. Tritt
dazu dann Erweis der Geschicklichkeit, so verstärkt
sich der Eindruck des Könnens. Tritt dazu noch Genie