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keit und das Zittern ihrer Farben; er beobachtet ihre
örtlichen Gewohnheiten, ihre Vorliebe für diese oder
jene Stelle. Er bezieht dies auf alle Situationen, in
denen sie gedeiht, und auf die zu ihrer Erhaltung not-
wendigen Mächte. Die Blume ist ihm ein lebendiges
Geschöpf, deren Geschichte auf ihren Blättern ge-
schrieben steht und deren Leidenschaft aus ihren
Bewegungen atmet. Wo sie in seinen Bildern vor-
kommt, ist sie nicht nur ein Farbenfleck, ein bedeu-
tungsloser Lichtpunkt. Sie ist eine Stimme, die sich
von der Erde erhebt, ein neuer melodischer Klang
der Seele, ein notwendiger Ton in der Harmonie des
Bildes. Shakespear und Shelley spezialisieren die
Blumen auf eine hohe Art. Wohl hat der Maler nicht
dieselbe Möglichkeit, wie der Dichter, die Gedanken
auszusprechen, die er mit seinen Symbolen verbindet.
Er ist abhängig von der Fähigkeit des Beschauers ihn
zu verstehen. . . .
Was man gewöhnlich unter Verallgemeinerung ver-
steht, ist das Verfahren eines gemeinen, gedanken-
losen, unfähigen Menschen. Es ist kein hohes Emp-
finden, das in allen Bergen nur dieselbe Verkörpe-
rung der Materie erblickt; in allen Bäumen nichts
als gleichartige Anhäufung von Blättern. Je mehr
wir erkennen und je tiefer wir fühlen, um so feiner
unterscheiden wir. Wir diHerenzieren, um eine höhere
Einheit zu finden . . .
Jede geologische Formation hat nur ihr eigentüm-
liche Züge; bestimmte Linienbrechungen, die be-