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piindung, welche den Eindruck des Übersinnlichen
machte. Ich kenne nichts Ungeistigeres in dem
ganzen Gebiet der Kunst als den Apollo von Belve-
dere. Wie er die Finger der rechten Hand erhebt,
aus Freude darüber dass sein Pfeil getroffen, wäre
schon in einem Fürsten gemein, vielmehr in einer
Gottheit. Sandalen heben die Göttlichkeit des Fußes
auf, und seine
Leidenschaft.
Lippe
kräuselt
sich
in
todbringender
Der Grieche besaß
sinnlichen Geistes.
nicht die Anschauung eines über-
Er wusste nichts mit einem Wesen
ohne Glieder anzufangen. Sein Gott ist ein räumlicher
Gott, der spricht, etwas betreibt und auf Reisen geht.
Wenn er jemals von einer wahren Empfindung der
unsichtbaren Mächte um ihn her ergriffen war, so war
es auf dem Schlachtfeld. Es ist etwas in dem Nahen
des Todesschattens, etwas in der ehrfiirchtigen Er-
füllung einer todbringenden Pflicht, die Gott wahrhaft,
wenn auch dunkel offenbart. Jene Erscheinung auf
dem Schlachtfeld von Platää ist nicht nur Aberglaube.
Die beiden weißen Gestalten, die über die Ebene von
Delphi loderten, als das Erdbeben und das Feuer
vom Himmel Befehl vom Olymp brachten, waren
mehr als Sonnenstrahlen in dem Staub des Schlacht-
getümmels. Die heilige Wolke, die als leuchtende
Lanze und Triumphgesang herniederging und über den
Masten von Salamis brütete, war mehr als Morgen-
nebel über den Oliven. Und doch, was waren des
Griechen Vorstellungen von seinem Schlachtengott?