Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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Rafael üblich waren. Ich besinne mich auf keinen 
nackten Engel, der nicht knabenhaft, kindisch oder 
unvergeistigt wirkte. Selbst Fra Bartolommeos Engel 
könnte man auf den Bildern in Lucca entbehren. 
Später ist der Himmel förmlich bedeckt mit stram- 
pelnden Säuglingen. Die von Domenichino in der 
Madonna del Rosario und dem Martyrium der heili- 
gen Agnes sind besonders verletzend: Studien nackt- 
beiniger Kinder, die heulen und sich in Rauchsäulen 
wälzen. Bei den späteren Malern herrscht volle Kon- 
fusion zwischen Engeln und Amoretten. Symmetrie 
und Ruhe sind für übersinnliche Erscheinungen von 
besonderem Wert. Sie werden von allen großen 
Malern gesucht, und z. B. in Anordnung des Haares 
berücksichtigt. Es darf weder flattern noch wallen, 
nur in regelmäßigen Locken fallen; oft, wie bei dem 
Jesuskinde von Fra Angelico, ist es an der Stirn in 
skulptureller Strenge gefasst. Masaccios Engel in 
Petri Befreiung, groß in Zügen und Bewegung, ver- 
liert an Übersinnlichkeit, weil der Maler etwas zu 
viel von seinem eigenen Charakter in 
legt und es nicht geordnet hat. 
Von der erhebenden Macht der Ruhe 
das 
Haar 
habe 
ich 
für 
jetzt genug gesagt, obwohl ich ihre christliche Bedeu- 
mng im Gegensatz zum heidnischen Ideal  nicht 
hervorgehoben habe. Doch kenne ich keine antike 
Statue, deren Züge Erhebung der Seele ausdrückten, 
oder ein einziges enthusiastisches, selbstverleugnen- 
des Verlangen; noch weniger eine Wahrheit der Em-
	        
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