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manten, noch Brokate, noch Sammete, noch Gold-
stickereien, es sind bloße Tupfen von Gold und Farbe,
einfache Muster auf ungewebten Gewandungen; die
Engelflügel glühen in durchsichtigem Scharlach, Pur-
pur und Bernstein; die goldenen Kreise glänzen in
wechselndem Licht, aber sind nicht mit Perlen noch
Saphiren besetzt.
Zweitens ist diese Helle
Harmonie. Die frommen
ohne
Frei-
der Farbe unzulässig
Maler dürfen in ihrer
heit schattenloser Farbe nicht nachgeahmt werden,
wo deren Klarheit nicht wiederzugeben ist. So weit
ich die neue deutsche Schule kenne (Overbeck, Veit,
Cornelius), scheinen sie mit dem Werte der Farbe
als Ausdrucksmittel des Gefühls völlig unbekannt zu
sein. Sie glauben, dass Härte, Trockenheit und Un-
durchsichtigkeit, auf die religiöse Malerei angewandt,
deren Tugend ausmache. Und doch sind hier mehr
als in jeder anderen Kunst, Klarheit, Leuchtkraft und
Intensität der Farbe zum wahren Ausdruck wesent-
lich. Von den Wänden der Arenakapelle an, in dem
Spiel ihrer Regenbogenfarben und leuchtenden Har-
monien, bis zu den feierlichen Purpurtönen in Peru-
ginos Fresko im Palazzo Albizzi, kenne ich kein be-
deutendes Werk religiöser Kunst, das nicht eben so
köstlich in der Farbe wie in anderer Hinsicht wäre.
Nur müssen wir das reine, weiße Licht und die zar-
ten Töne des Idealisten sorgfältig von dem goldenen
Licht und der tief gestimmten Tonlage der Tizian-
sehen
Schule
unterscheiden,
deren
Verdienst
20'"
GS
ist,