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Bäume heraus und tragen Zeugnisse ihrer Kämpfe
mit unfreundlichen Gewalten. Aus der überirdischen
Landschaft ist dies verbannt; ihre Bäume steigen
gerade, mit gleichmäßigen Zweigen in die Höhe; man
sieht es ihrem leichten, federartigen Laub an, dass
Reif, Frost und Sturm es nie berührt haben. Die
Berge gipfeln sich in fantastischen Gebilden auf; sie
tragen keine Spuren von Gießbächen, Blitzesschaden;
zu ihren Füßen keine Abbröcklungen, in ihrem Her-
zen keine Abgründe. Ihre Meere haben niemals
Wellen geschlagen, ihre Himmel sind durchsichtig
und nur von leichten, horizontalen, geringelten, weißen
Wolken gestreift. Dies hat seinen Grund eiuesteils
im Gefühl, aber auch in Unkenntnis der Naturtat-
sachen, wie z. B. bei Giotto und seiner Schule.
Benozzo Gozzoli, Perugino und Rafael dagegen, be-
folgen diese Ausdrucksweise prinzipiell. Ein schönes
Beispiel sind Gozzolis Fresken im Palast Ricardi,
wo hinter den Gruppen anbetender Engel die Land-
schaft in absoluter Symmetrie aufsteigt; Rosen und
Granatapfel, deren Blätter bis in die kleinsten Adern
und Rippen hinein ausgeführt, winden sich vollkom-
men regelmäßig um zarte Geländer; breite Stein-
pinien und hohe Zypressen überschatten sie, lichte
Vögel schweben unter dem heiteren Himmel hin und
her, Engelscharen, Hand in Hand und Flügel an
Flügel, gleiten und fliegen durch die Lichtungen des
durchsichtigen Waldes. Hinter den menschlichen
Gestalten dagegen, hinter der Pracht und Unruhe der