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deren krankhaften Zuständen meist eine Quelle ge-
wagter und erfundener Vorstellungen ist. Ebenso die
visionären Erscheinungen, die auf physischen Störun-
gen beruhen, durch Leidenschaft hervorgerufen wer-
den und der Tendenz des Geistes entstammen alle
einflussreichen Wirkungen zu Gestalten zu bilden
wie die Dämonen, Gespenster und Feen aller fan-
tasievollen Völker bezeugen. Und doch sind sie nur
Schöpfungen des Geistes oder der Fantasie, wie alle
wirklich geschauten und gehörten Dinge. Denn die
Nerven reagieren ebensowohl auf innere wie auf
äußere Ursachen.
Es bleibt uns nun noch
diese fantasievolle oder
auf die materielle Kunst
zu untersuchen, inwiefern
abstrakte Vorstellungskraft
des Malers und Bildhauers
zu übertragen ist.
Es ist klar, dass die Kühnheit sowohl der Geist-
reichigkeit als der Fantasie, die sich mit dem körper-
lichen und geistigen Symbol eines Objekts befasst,
sich nicht durch Linien oder Farben ausdrücken lässt;
dennoch ist es in bestimmten Grenzen möglich, dem
Dargestellten idealen Charakter zu verleihen. Als
ich die Bedeutung des Terminus ideal definierte,
habe ich auf diese Kräfte hingewiesen. Denn auf
ihrer Wirkung beruht der Unterschied der Erzeug-
nisse hoher Kunst von denen des Realismus.
Farbe und Form lassen sich trennen und gesondert
betrachten. Der Bildhauer berücksichtigt die abstrakte
Form. Wie weit es möglich wäre, eine Statue durch