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den Michelangelo nur berührt, ward beseelt durch
das, wovon das Haar sich sträubt und was den Mund
verstummen lässt. Es bleibt uns überlassen, den
heiligen Matthäus, der noch nicht aus seinem Sarko-
phag erstanden, dessen Hände und Fülle mit Grab-
tüchern gebunden, davon zu lösen. Wie geisterhaft
seltsam windet sich die Florentiner Pieta und wirft,
pyramidal verzerrt, ihren Schmerz- und Todesschatten
über das matte purpurne Licht, das sich kreuzt und
vergeht in dem düstern Dom von St. Maria del Fiore.
Im Bacchns, welch selige Lässigkeit weißer Glieder,
pantherhaft doch passiv, in Wonne vergehend, die
zwischen den heidnischen Formalismen der Ufiizien
schon von weitem schimmern und sich in ihrer
glänzenden Leichtigkeit wie die tanzenden Wellen
des Alpenstromes von seinen eben so weißen Steinen
unterscheiden. Und endlich vielleicht mehr als
alles andere, die vier unaussprechlichen Abbilder
nicht von Nacht und Tag, nicht von Abend und
Morgen, sondern vom Scheiden und Auferstehen, von
Dämmerung und Klarheit der Menschenseele; und
das Gespenst in dem Schatten der Nische darüber;
diese alle und alles sonst, das ich von ihm gestaltet
nennen könnte, tragen in sich dieselbe unerklärliche
Gewalt, die sie ausüben.
Unerklärlich, denn sie sind aus einer schier über-
menschlichen Konzeption der Fantasie hervorgegangen,
deren Wegen wir nicht folgen können und zu der
wir nicht hingelangen. Sie legt die unendliche tiefste