Volltext: Moderne Maler (Bd. 11/12 = Bd. 1/2)

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Drachen haben wir ein zwar erbärmlich schwaches, 
aber charakteristisches Beispiel für die mit Einzel- 
heiten und Glätten beschäftigte Art der Geistreichig- 
keit. Der Drache liegt vom Kopf bis zum Schwanz 
vor uns, mit Geieraugen, Schlangenzähnen, gespaltener 
Zunge, feurigem Rachen, Panzer, Klauen und so 
scheußlich wie möglich zusammengerollt. Wir sehen 
seine Höhle mit allen übrig gebliebenen Knochen darin, 
und nah und fern die ganze wilde Waldlandschaft. 
Wir verfolgen seine Laufbahn von Anfang bis zu 
Ende; wir sind gegenwärtig bei seinen Vorbereitungen 
Zum Angriff; wir sehen, wie er den Todesstreich em- 
pfängt, und unsere Besorgnisse sind schließlich be- 
ruhigt, da wir ihn friedlich auf dem Rücken liegend 
erblicken. Trotzdem sind wir nicht wirklich von 
Schauder durchbebt, noch ist uns der Kreatur eigent- 
lich Wesen klar geworden. Es handelt sich nicht um 
mehr als um eine hässliche Komposition von Klauen 
und Schuppen. Danach betrachten wir Turners Jason 
in seinem ,Liber Studiorum' und erkennen, wie die 
Fantasie all das und noch viel mehr in einen Moment 
zusammendrängt. Keine weite Waldlandschaft, keine 
geheimen Wege, keine gespaltenen zweihufigen Berge. 
Nur ein blasser horizontaler Streifen am Himmel, der 
über fernen lieblichen Gefilden glimmt und durch 
das wild wuchernde Dickicht einen gebrochenen 
Lichtstrahl in den hoffnungslosen Schlund der Höhle 
sendet. Kein flatternder Helmbusch, keine ge- 
schwungene Lanze. Aber fester Wille liegt in der
	        
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