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seiner Spur, dann leitet es uns sicher an die Ur-
statt des Bereichs der Seele, von wo aus wir alle
Wege und Fußtapfen bis an ihre entlegensten Küsten
finden.
Ich glaube Francesca da Riminis Quel giomo piü
non vi leggemo avante und Macduffs: „Er hat keine
Kinder!" sind hierfür die denkbar schönsten Beispiele.
Aber jede Zeile jener vier großen oben genannten
Männer erbringt denselben Beweis.
Der Schriftsteller dagegen ohne Fantasie, wie er nie
ans Herz gedrungen ist, kann er es auch nicht rühren.
Will er eine Leidenschaft schildern, dann überdenkt
er ihre äußeren Merkmale. Er sammelt aus anderen
Schriftstellern ihre Ausdrucksweise, er sucht nach
Gleichnissen, er komponiert, übertreibt, häuft Wort
auf Worte, Bild auf Bilder, bis wir unter der kalten
unzusammenhängenden Masse aufstöhnen. Alles ist
Reisig ohne Flamme. Kein Lebensodem durchgliiht
es. Die Leidenschaft hat wohl die Gestalt des Le-
viathan, aber ohne das Meer in seiner Tiefe kochen
zu machen. Sie legt uns vor Anker in seiner schup-
pigen Rinde. Unser Mitempfinden bleibt so untätig
wie ein gemaltes Schiff auf gemaltem Meere. Und
die Tugend der Originalität, nach der die Menschen
haschen, ist nicht Neuheit, wie sie vergebens
meinen; denn es gibt nichts Neues, es gibt aber
Echtheit. Sie beruht auf dieser einzigen, herrlichen
Möglichkeit an den Ursprung der Dinge zu gelangen
und von da aus alles auszuwirken. Sie ist die Kühle,