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Baume heraus. Nimmst du sie fort, dann rauschen
uns die Zweige nicht mehr. Alles ist kalt und tot.
Dies ist der erste Beweis wahrhafter Fantasie, im
Gegensatz zur Komposition. Es gibt aber noch einen,
der ebenso wichtig ist.
Da der fantasielose Maler jeden Teil wählt und zu-
stutzt, macht er ihn in sich so schön wie er kann.
Ist er hässlich, dann lässt er ihn. so; er ist unfähig,
dies durch eine andere Hässlichkeit zu korrigieren,
und wählt deshalb alle Einzelzüge so schön wie mög-
lich. (Wenigstens, wenn Schönheit sein Objekt ist.)
Aber nur ein kleiner Teil der Vorstellungen, die er
zur Hand hat, werden seinen Maßstab absoluter
Schönheit erreichen. Und unter ihnen wird eine so
große Familienähnlichkeit herrschen, dass er immer
mehr beschränkt wird, je weiter sein Bild fort-
schreitet, aus Mangel an Material und weil ihn multi-
plizierte Ähnlichkeiten quälen, die er künstlich unter
Schatten und Licht verbergen muss. Und trotz aller
nur erdenklichen Unterschiede wird sein Baum doch
dieselbe kränkliche Wiederholung in allen Teilen zei-
gen; all seine Bäume werden dieselben sein, nur dass
der eine sich nach Westen und der andere nach Osten
neigt. Und doch werden in dieser inzipiden Wieder-
holung die Mittel, mit denen er Gegensätze bewirken
möchte, peinlich sichtbar bleiben und alle Würde und
Ruhe aufheben.
Das fantasievolle Werk ist notwendigerweise das
Gegenteil. Da seine Einzelheiten alle unvollkom-