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modifiziert sie in ihrer Beziehung zu einander. Wie
die Bewegungen einer Schlange durch all ihre Kör-
perteile zugleich gehen und ein Wille ihre entgegen-
gesetzten Windungen lenkt.
Die Fantasie ist eine Kraft, die wohl die Annahme
rechtfertigt, dass der Mensch nach Gottes Bilde ge-
macht sei. Sie ist unbegreiflich, wunderbar und
ganz göttlich. Und so seltsam es erscheint kein
großes Werk ist ohne sie möglich. Denn, nach der
Definition der Einheit eines Ganzen (dem wesentlich-
sten Charakteristikum von Größe), müssen nicht nur
einzelne Teile oder Gruppen, sondern alle Teile
einzeln unvollkommen sein; jeder einzelne muss alle
übrigen bedingen und sein Vorzug in seiner Bezieh-
ung zu den anderen zum Ausdruck kommen; noch
kann, wenn ein einziger fehlt, ein anderer richtig wir-
ken. Daher sagt Fuseli: Nachträgliche Gedanken sind
in Gemälden und Dichtungen zulässig nur als Kam-
merdiener der .ersten Anschauung; keine große Idee
ist jemals aus Bruchstücken entstanden. Nur der be-
sitzt Anschauung und Gestaltungskraft, der das Ganze
auf einmal vor sich erblickt.
Jede menschliche Fantasie hat jedoch eine Grenze.
Wenn es auf neue Beziehungen ankommt, die abso-
lut notwendig und sehr kompliziert sind, kann der
Geist sie nicht erschaffen. Daraus folgt, dass jede
associative Fantasie in solchem Falle versagt. Deshalb
hat nie ein Mensch ein neues Tier konzipiert. Im
Tiere bedingt jeder Teil den anderen; die Form des